Frauen in Führungspositionen in Wissenschaft und Forschung – Zeit für eine Quotenregelung?!

Nachdem man über Jahre hinweg Frauen für die Institutionen fit machen wollte, ist es nun an der Zeit, die Institutionen für die Frauen fit zu machen“, sagte Petra Sitte am 06.12.2011 bei der Vorstellung der Ergebnisse und Schlussfolgerungen aus der Großen Anfrage Geschlechtergerechtigkeit in Wissenschaft und Forschung, die sie zusammen mit ihren Kolleginnen von der SPD-Fraktion, Ulla Burchardt und Marianne Schieder, sowie mit Krista Sager von der Fraktion der Grünen an die Bundesregierung gestellt hatte.

Die Ergebnisse geben keine Hinweise darauf, dass es Frauen besser möglich wird, die ‚gläserne Decke‘ zu durchbrechen, die Frauen daran hindert, verantwortliche Positionen in wissenschaftlichen Einrichtungen und Entscheidungsgremien entsprechend ihrer Anteile zu bekleiden. Während seit  Jahren die Studierenden zur Hälfte weiblich sind und bei den Promotionen selbst in den Naturwissenschaften der Frauenanteil bei über 40 Prozent liegt, liegt er bei Professuren nur bei 18,2 Prozent. Echte Geschlechtergerechtigkeit ließe sich so erst Ende des Jahrhunderts erwarten.

„Es sind die strukturellen Barrieren, die die Bundesregierung mit einer konzentrierten Gleichstellungsstrategie den Kampf ansagen muss“, sagte Petra Sitte weiter. Dazu gehören Quoten nach dem Kaskadenmodell und Zielvereinbarungen beispielsweis im Hochschulpakt und im Pakt für Forschung und Innovation, die verbindlich, also mit finanziellen Konsequenzen verbunden sind. Leider schweigt sich die Bundesregierung bisher dazu aus.

Besonders gravierend ist die Situationen in den außeruniversitären Forschungseinrichtungen, wo nur 11,4% des wissenschaftlichen Leitungspersonals weiblich ist. Zur Erklärung wird häufig das Argument eines niedrigen Ausgangsniveaus in naturwissenschaftlich-technischen Disziplinen herangezogen, die die Forschung bei Helmholtz, der Max-Planck- und der Fraunhofer Gesellschaft bestimmen. Das Argument besagt, dass man nur aus einem kleinen Pool schöpfen könne. Doch während die MPG und die FhG 1992 mit 2,3 bzw. 2,2 Prozent fast gleich wenig Frauen in wissenschaftlichen Führungspositionen hatten, schaffen es heute bei der MPG 19 Prozent Frauen in Leitungspositionen, in der FhG aber weiter nur 2,8 Prozent. Hier hat die feste jährliche Erhöhung von 1 Prozent, der sich die MPG verpflichtet hatte, Erfolg gezeigt.

„An den Spitzenpositionen zu arbeiten bringt allerdings wenig, wenn das Potenzial an der Basis einbricht“, so Petra Sitte zu einem weiteren gravierenden Befund. Die Anfrage zeigt, dass Frauen von der schlechter werdenden Ausstattung der Hochschulen besonders betroffen sind. 58 Prozent der weiblichen wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen arbeiten befristet und in Teilzeit, also mit vergleichsweise wenig Einkommen und unsicherer Perspektive, bei den Männern sind es knapp 40 Prozent. Auch über alle wissenschaftlichen Beschäftigtengruppen hinweg arbeitet über die Hälfte der Frauen in befristeten Teilzeitverhältnissen, bei den Männern sind es hingegen etwas über ein Drittel. Doch auch die Qualität der Beschäftigung bestimmt, wie viel Zeit und Ressourcen Frauen dauerhaft aufbringen können, um die Karriereleiter hoch zu klettern. Auch aus diesem Grund scheiden sie früher aus der Pipeline aus. Damit die Wissenschaft nicht weiterhin an Attraktivität für kompetenten Nachwuchs verliert, ist aus der Sicht der Linksfraktion ausschlaggebend, die finanzielle Ausblutung der Hochschulen zu stoppen deutlich mehr Stellen im wissenschaftlichen Mittelbau zu schaffen. Wir setzen uns daher zusammen mit der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft für die Schaffung von 10.000 Stellen, die paritätisch von Frauen und Männern besetzt werden sollen, ein.

 

Lesen Sie hier:

– Hintergrundpapier der drei Oppositionsfraktionen

–  Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage „Geschlechtergerechtigkeit in Wissenschaft und Forschung“

– „Ungerechtigkeit ist Standard“ von  Sebastian Puschner,  (DerFreitag vom 15.12.11)

– Große Anfrage