Gute Arbeit der Internetenquete für Bildung und Forschung

Kommentar von Petra Sitte

Ich kann für mich und aus Sicht der LINKEN sagen: Der Aufwand, den wir in der Enquetekommission „Internet und digitale Gesellschaft“ für den Bereich Bildung und Forschung betrieben haben, hat sich gelohnt. Ich bin zufrieden mit den vorliegenden Handlungsempfehlungen.

Nicht nur, aber auch, weil ich die Positionen der LINKEN insbesondere aus der Wissenschaftspolitik in diesen Empfehlungen ganz gut aufgehoben finde.
Das war nur möglich, weil sich die KollegInnen der CDU/CSU und FDP den Entwicklungen auf diesem Feld geöffnet haben. Mithin haben sie auch die Perspektiven der WissenschaftlerInnen übernommen.

Das ist nicht nur sachgerecht und modern, sondern angesichts der Heftigkeit mancher Diskussion auch ganz schön mutig. Daher sage ich hier auch Danke für den, wie ich finde, sehr progressiven Konsens, den hier alle, Koalition und Opposition sowie die Sachverständigen, gefunden haben.

Auf drei Themenfelder möchte ich gesondert aufmerksam machen:

1. Open Access:
Heinz Pampel, Open Access-Experte der Helmholtz-Gemeinschaft, hatte uns schon beim Abfassen des Berichtstexts der Enquete zu Bildung und Forschung beratend zur Seite gestanden. Vor knapp einer Woche hat er nun die Handlungsempfehlungen, die am Montag von der Internetenquete einstimmig beschlossen wurden, auf dem Blog wisspub.net kommentiert.

Sein Fazit: Wir als Enquete haben mit unseren

„Handlungsempfehlungen ein bemerkenswertes Dokument vorgelegt. Den Expertinnen und Experten aus Politik und Wissenschaft ist es gelungen, zentrale Themen zu identifizieren und wichtige Empfehlungen zu geben.“

Ich freue mich über das Lob und hoffe mit Heinz Pampel, dass unsere Handlungsempfehlungen zu Open Access schnell durch Bund und Länder umgesetzt werden.

Dazu gehört unter anderem, ein unabdingbares Zweitveröffentlichungsrecht für wissenschaftliche Beiträge „anzustreben“. Ein solches Recht wird von Wissenschaftsorganisationen seit längerem gefordert und erfährt Unterstützung vom Bundesrat und allen Oppositionsfraktionen im Bundestag. Die LINKE im Bundestag hat bereits im Frühjahr 2011 eine entsprechende parlamentarische Initiative gestartet. Sogar unsere Forderung, dieses Zweitveröffentlichungsrecht nicht nur auf Artikel in Zeitschriften und Sammelbänden zu begrenzen, hat immerhin als zu prüfende Option Eingang in die Handlungsempfehlungen der Internetenquete gefunden. (Alle LINKEN Forderungen zur Förderung von Open Access sind hier zusammengefasst)

2. Neue Schwerpunktsetzungen bei der Förderpolitik:

Die Projektgruppe Bildung und Forschung war sich einig, dass gerade im Bereich Internet und Digitalisierung der Blick weg muss von technikzentrierter Forschung und Entwicklung. Wir müssen das Netz als Gesellschaftsraum und die Vernetzung als gesellschaftliches Thema verstehen, beziehungsweise endlich verstehen lernen.
Dazu braucht es neue Grundlagenforschung und eine vermehrt transdisziplinäre Herangehensweise, die auch die Geistes- und Sozialwissenschaften stärker als bisher berücksichtigt. Die LINKE hat sich dafür in der Internetenquete von Beginn an stark gemacht. Gemeinsam mit den Sachverständigen und den KollegInnen von SPD und Grünen konnten wir letztlich auch die Koalition hiervon überzeugen.

Forschung und Entwicklung rund um einen Gesellschaftsraum Internet kann nur gemeinwohlorientiert funktionieren, wenn sie die einzelnen Menschen als gleichberechtigte Partner sieht und ihre Bedürfnisse ernst nimmt. Es reicht nicht, die Menschen ausschließlich als konsumierende Kunden zu verstehen. Deshalb brauchen wir insbesondere rund ums Internet offene Innovationsansätze. Die LINKE hat diese Argumente in die Internetenquete getragen, nun ist daraus eine konsensuale Handlungsempfehlung für die Förderpolitik des Bundes im Bereich der Digitalisierung geworden.

3. IT-Infrastrukturen im Wissenschaftsbereich

Dass Zusammenarbeit in Wissenschaft und Forschung nicht nur in der Arbeit über das Internet, sondern auch mit dem Internet sinnvoll ist, zeigen die großen Potentiale die eine zwischen den Wissenschaftsstandorten gut vernetzte IT-Infrastruktur und virtuelle Forschungsumgebungen haben. Darauf wurde die Internetenquete unter anderem von Dr. Heike Neuroth, Leiterin der Forschungsabteilung an der Universitätsbibliothek Göttingen, hingewiesen, die von der LINKEN als Expertin zu einem Fachgespräch der Enquete im vergangenen Dezember eingeladen war. Schön, dass wir uns in der Enquetekommission auch hier einig waren, dies in den Handlungsempfehlungen besonders zu würdigen.

Wie sehr wir uns mit den Bedürfnissen der WissenschaflerInnen auseinandergesetzt haben, zeigt auch die Handlungsempfehlung zur „Hochschulcloud“. Anfänglich hatten wir die Befürchtung, hier könnte mit Regierungsmehrheit Werbung für bestimmte Produkte der IT-Wirtschaft in den Enquetebericht geschrieben werden. Diese unsere Kritik hat dann aber dazu geführt, dass die Enquete-Sachverständigen, die selbst aus der Wissenschaft kommen, eine differenzierte Betrachtung erarbeitet haben, welche Art von Cloud-Diensten für Hochschulen und Forschungsinstitute sinnvoll sein könnten und wie diese von den Einrichtungen selbst konzipiert und umgesetzt werden könnten.