Mindesthonorare für Freiberufler und Soloselbstständige

TOP 34) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Kultur und Medien

– zu dem Antrag der CDU/CSU sowie der FDP: Wettbewerbsfähigkeit der Kultur- und Kreativwirtschaft weiter erhöhen – Initiative der Bundesregierung verstetigen und ausbauen

– zu dem Antrag der SPD: Projekt Zukunft – Deutschland 2020 – Ein Pakt für die Kreativwirtschaft > Drs. 17/12383, 17/12382, 17/13486 <

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– Rede zu Protokoll –

Sehr geehrte Damen und Herren,

Die Enquetekommissionen „Internet und digitale Gesellschaft „und „Kultur in Deutschland“ haben 2007 und 2013 einiges an Fakten zusammengetragen zu Zusammensetzung und Zustand der Kreativbranche sowie der Lage der dort arbeitenden Menschen. Dem Bundestag liegen also durchaus genug eigene Materialien vor, anhand derer ein Überblick über Struktur und Problemlage möglich gewesen wäre. Umso unverständlicher, dass die Koalitionsfraktionen die schweren sozialen Ungleichheiten in diesem Sektor in ihrem Papier einfach ignorieren. Da hilft es dann auch nicht mehr viel, dass sie sich im Gegensatz zur SPD in ihrem Antrag zur Kreativbranche immerhin Fragen der Geschlechtergerechtigkeit annehmen. Denn die prekäre Lage der Kreativen in Deutschland trifft Frauen besonders hart. Wer diese Lage nicht wahrhaben will, kann dann auch kaum etwas dagegen tun.

Die SPD dagegen hat sich ansonsten hier in ihrem Rundumschlag deutlich näher an den Realitäten der Branche orientiert. Die Kollegen orientieren sich recht umfassend an den Chancen und Folgen der Digitalisierung für die Kreativwirtschaft. Die dabei vorgeschlagenen grob geschnitzten Maßnahmen kommen dabei durchaus oft aus der richtigen Richtung. Zum Beispiel der faire Interessenausgleich zwischen Urhebern, Nutzern und Verwertern klingt gut. Genauso die Schaffung eines durchsetzungsstarken Urhebervertragsrechts oder die Reform der Verwertungsgesellschaften, die diese transparenter machen und die Ausschüttungspraxis fairer gestalten soll.

Mir ist nur nicht ganz klar, warum es bei dieser Oberflächlichkeit bleibt. Zum einen gibt es von der SPD selbst hier und da konkretere Vorschläge. Zum anderen standen in den vergangenen Wochen auch von der LINKEN Lösungsvorschläge für die genannten Themen hier im Bundestag zur Abstimmung, die wunderbar zur Grundrichtung des Papiers gepasst hätten. Hier wurde aber lieber aus falschverstandener Abgrenzung gegen uns gestimmt als ein Zeichen für notwendige Reformen zu setzen. Schade. Ich will dies an einem konkreten Beispiel veranschaulichen:

Sie wollen ein offenes WLAN fördern und dazu die Haftungsunsicherheiten beseitigen. Ihr konkreter Antrag dazu war ein zahnloser Vorschlag, der die Rechtslage nicht geändert hätte. Unser LINKER, auch von den Grünen unterstützter Antrag, der auf eine Initiative des Vereins Digitale Gesellschaft zurückgeht, hatte eine Lösung vorgeschlagen, die das rechtssichere Bereitstellen offener WLANS für jedermann und jede Frau ermöglicht hätte. Sie wollten nicht zustimmen.

Wenn die SPD in allen anderen Feldern auch künftig so mutlos agieren wird, ist ihr vorgeschlagener Kreativpakt leider nur bedingt ernst zu nehmen. Das wäre insofern schade, als das wirklich vieles im Argen liegt.

Wir brauchen analog zum Mindestlohn Mindesthonorare für Freiberufler und Soloselbstständige. Wir brauchen eine Neuregelung der Anwartschaft im Hinblick auf das Arbeitslosengeld I. Wir müssen wie im SPD-Antrag zurecht vermerkt die Künstlersozialkasse nicht nur erhalten, sondern stärken.

Übrigens hätte auch der SPD die tiefergehende Lektüre des in den Enqueteberichten versammelten Wissens gut getan. Dann hätte sie sich nämlich vielleicht nicht nur mit dem privatwirtschaftlichen Teil der Kreativbranche auseinandergesetzt.

Denn diese lebt von der Vernetzung von Privatwirtschaft, dem frei-gemeinnützigen Sektor und den Bereich der öffentlichen Förderung. Und sie leidet am Rückzug der öffentlichen Hand aus dem Kreativbereich und am Schrumpfen des freien Sektors.

Die wirtschaftliche Lage der Kulturschaffenden hat sich deshalb spürbar verschlechtert. Und es wäre dringend geboten, gerade den frei-gemeinnützigen Bereich und die Förderung durch die öffentliche Hand wieder zu stärken.

Es geht mir dabei allerdings nicht um ein plumpes „Mehr Staat“, sondern um eine Vernetzung der drei Kreativbereiche. Das kann und soll dann auch bedeuten, dass die Kreativwirtschaft in die öffentliche Kulturförderung mit einbezogen wird, allerdings mit eindeutig kulturellen Zielsetzungen und deutlich mehr Transparenz  bei der Verteilung. Es muss dabei, hier wiederum ist dem SPD-Antrag zuzustimmen, insgesamt eine Öffnung von unter anderem Planungs-, Entscheidungs- und Vermittlungsprozessen forciert werden.

Eine solche Öffnung wird neue Formen der dringend gebotenen Vernetzung und Zusammenarbeit innerhalb der Kreativbranche ermöglichen und erleichtern. Und sie sind ein guter Baustein für neue Formen von Gemeinwirtschaft. Mit etwas mehr Mut und etwas weniger Glauben an Markt und Staat könnte ein Kreativpakt damit Impulsgeber sein dafür, dass die Kreativbranche nicht nur mit allen sozialen Härten und ökonomischen Verwerfungen Vorreiterin eines digital getriebenen Strukturwandels ist, sondern ein gutes Beispiel, wie diese Umwälzungen positiv für neue Formen des Miteinander-Schaffens nutzbar gemacht werden können.