Die LINKE will eine offene bürgernahe politische Kultur

 

TOP 12) Beratung des Antrags der Fraktion DIE LINKE. sowie der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages hier: Ausschussöffentlichkeit (Drucksache 18/3045)

Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin!

In der vergangenen Woche hat eine ganze Reihe von uns Abgeordneten an einem Kongress des Magazins politik & kommunikation teilgenommen. Niccolo Machiavellis Mechanik der Macht sollte dazu anregen, über politische Kommunikation zu diskutieren. Die politische Machtmechanik Machiavellis, Politik sozusagen als rein erfolgsgetriebenes Geschäft frei von irgendwelchen moralischen Fesseln zu betrachten, sollte sich eigentlich überlebt haben, wobei ich mir da manchmal nicht ganz sicher bin. Aber für uns in diesem Hause sind vivere politico und vivere libero durchaus wichtige Themen für eine gelingende Politik und eine gelingende Republik.

Dabei sind sich mit der Digitalisierung die Akteure sehr nahe gekommen; sie kommunizieren sehr direkt miteinander. Sie alle merken das jeden Tag an Ihrem elektronischen Briefkasten, Ihren Smartphones etc. Jeder von uns erfährt täglich, wie sehr sich Kommunikations- und Informationsprozesse beschleunigt haben. Deshalb ist für uns alle zu klären, was wir tun müssen, um eine lebendige Demokratie zu gestalten.

Wir Linken wollen eine offene, bürgernahe politische Kultur.

(Beifall bei der LINKEN)

Wer Bevormundung verhindern und mündige, weil auch informierte und engagierte Bürgerinnen und Bürger will, muss viele Fenster öffnen. Die Mehrheiten der größten Koalition in der Geschichte des Bundestages bewirken zum Beispiel, dass Oppositionsaufgaben wie Kontrolle, Kritik der Bundesregierung und das Vorlegen alternativer Vorschläge mehr als jemals zuvor auf eine wache mediale und gesellschaftliche Öffentlichkeit angewiesen sind.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn die Große Koalition ihrerseits nicht im eigenen Saft verschmoren will, sollte auch sie ein waches Ohr für die gesellschaftliche Resonanz haben.

Das Grundgesetz regelt, dass der Bundestag öffentlich verhandelt. Im Plenum tun wir das, wie zum Beispiel heute wieder. Nun fragt sich jeder, warum das nicht auch für die Ausschüsse gilt. In Landtagen wird das längst praktiziert.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der politische Prozess soll nachvollziehbar sein. Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Zusammenhang betont – ich zitiere -:

Öffentliches Verhandeln von Argument und Gegenargument, öffentliche Debatte und öffentliche Diskussion sind wesentliche Elemente der parlamentarischen Demokratie.

Bisher ist die Nichtöffentlichkeit von Ausschusssitzungen die Regel. Wir wollen das umkehren.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nicht die Öffentlichkeit, sondern die Nichtöffentlichkeit ist in einer Demokratie gesondert zu begründen. Sicherlich sind Ausnahmen denkbar, beispielsweise soweit die Geheimschutzordnung greift oder schutzwürdige Interessen Dritter zu wahren sind. Wir wollen auch, dass alle Beratungsgrundlagen in einem Register zusammengefasst und zeitnah veröffentlicht werden. Dann bleibt beispielsweise Interessierten erspart, das Informationsfreiheitsgesetz zu bemühen, um eine Information zu erhalten.

Nun behaupten Abgeordnete der Koalition gelegentlich, öffentlich könne man nicht mehr ganz so frei und offen reden; Fensterreden würden überhandnehmen, und überhaupt würden Kompromisse erschwert. Da kann ich nur fragen: Was ist das denn für ein Demokratieverständnis?

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Überdenken von Positionen oder das freie Reden ‑ auch ins Unreine ‑ muss doch nicht gefiltert werden. Die Bürger sind doch nicht doof.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Argument und Gegenargument sollten bei der Entscheidungsfindung nachvollziehbar sein. Abschließende Antworten hat in diesem Haus ohnehin niemand. Dafür sind viele Prozesse, die wir bewerten, oder Entscheidungen, die wir zu fällen haben, viel zu komplex geworden. Weil sie so komplex geworden sind, finde ich, dass gerade politische Entscheidungsprozesse kooperativ gestaltet werden sollten und gestaltet werden müssen.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn:

Liebe Frau Kollegin, Sie müssen zum Schluss kommen.

Dr. Petra Sitte (DIE LINKE):

Gern. ‑ Kompromisse zu finden ist nicht Ausnahme, sondern Regelfall und grundgesetzliches Leitbild. Dafür ist die Demokratie schließlich da. Das sollte für uns Anlass sein, einen Schritt mehr zu gehen und eine neue politische Kultur in diesem Haus und für die gesellschaftliche Öffentlichkeit zu schaffen.

Danke.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)