In Berlin – und (H)alle dabei [7]

Die Kolumne von Petra Sitte zum Zusammenhang von politischer Arbeit in Bundestag und den Entwicklungen im Wahlkreis.

Die 7. Folge beschäftigt sich mit einer rechtlichen Folge der Wiedervereinigung: dem sogenannten Schuldrechtsanpassungsgesetz.

Die Übertragung von DDR-Gesetzen in bundesdeutsche Recht hat in der Vergangenheit schon zu einigen Ungerechtigkeiten geführt; für die Betroffenen nicht selten verbunden mit endlosem Ärger und erheblichen finanziellen Verlusten. Erinnert sei hier nur an die sogenannten Alt-Geschiedenen, die im Einheitsvertrag schlicht vergessen wurden. Aktuell beschäftigt uns im Bundestag ein weiterer Fall der „Rechtsanpassung“, der bei den Betroffenen (völlig zu Recht) erneut für Unmut sorgen dürfte.

Am 3. Oktober 2015 endet der besondere Kündigungsschutz für Nutzungsverträge über Erholungsgrundstücke, die zu DDR-Zeiten geschlossen wurden. Der Fortbestand dieser Verträge bis zu diesem Jahr ist im sogenannten Schuldrechtsanpassungsgesetz geregelt. Die Sonderregelung wurde nötig, da das DDR-Recht eine Trennung der Besitzverhältnisse von Grundstücken und Bebauungen kannte. Mit Auslaufen der Übergangsregelung geht das Gebäudeeigentum an den Grundstücksbesitzer über. Was sich auf den ersten Blick nach einer Formalie anhört, kann weitreichende Folgen für die Betroffenen haben, die der linke Justizminister Brandenburg, Helmuth Markov, Ende Januar in seinem Antrag zur Änderung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes im Bundestag auf den Punkt brachte: „Der Grundstückseigentümer hat den Nutzer zwar grundsätzlich für das Bauwerk zu entschädigen. Endet das Vertragsverhältnis aufgrund einer ordentlichen Eigentümerkündigung jedoch nach dem 03. Oktober 2022 und entschließt sich der Grundstückseigentümer für den Abbruch der Datsche, haben die Nutzerinnen und Nutzer die Hälfte der Abbruchkosten zu tragen, ohne dass sie eine Entschädigung für die Errichtung der Baulichkeit beanspruchen können. Wird das Nutzungsverhältnis erst nach Ablauf des 31. Dezember 2022 beendet, ist der Nutzer sogar zur Beseitigung der Datsche auf eigene Kosten verpflichtet.“

Noch kürzer gesagt: Nach heutiger Rechtslage können all jene, die ihre Erholungsgrundstücke vor der Wiedervereinigung bebaut haben, verpflichtet werden, ihre Datschen auf eigene Kosten abzureißen, wenn der Grundstückseigentümer nur lang genug wartet. Dabei geht es nicht nur um Privatgrundstücke; viele der Grundstücke sind in kommunalem Besitz. Wie viele Menschen in Halle und dem Saalekreis davon betroffen sind, konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Das ist aber auch gar nicht so entscheidend für die Feststellung, dass wir es hier mit einer weiteren „Rechtsanpassung“ in Folge der Wiedervereinigung zu tun haben, die für die Betroffenen sehr gravierende Folgen haben kann.

In einem ersten Schritt wollen wir nun die Übergangsfrist bis 2022 verlängern, um schnell einen wirksamen Schutz und Rechtssicherheit für die Leidtragenden zu schaffen. Zusätzlich muss die Pflicht zur Übernahme der Abrisskosten durch die Nutzerinnen und Nutzer neu (und zwar gerechter!) geregelt werden.

Nachdem Helmuth Markov den Gesetzesantrag als Bundesratsinitiative eingebracht hat, wird er nun in verschiedenen Ausschüssen behandelt. Hoffentlich schnell, denn die Zeit drängt.