Ein Kommentar zu zwei Gerichtsurteilen für mehr Transparenz im Bundestag

Zwei Gerichtsurteile haben in jüngster Zeit klare Signale für mehr Transparenz im Alltag des Parlamentsbetriebs gesetzt.

Zum einen entschied das Oberverwaltungsgericht in Leipzig, dass die Bundestagsverwaltung jeder Person Zugang zu den Ausarbeitungen der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages gewähren muss. Diese Dienste stehen den Abgeordneten zur Verfügung, um Zuarbeiten zu wissenschaftlichen Fragestellungen zu erlangen. Abgeordnete nehmen diese Dienste in der Regel in Anspruch, wenn Expertise oder Arbeitszeit der eigenen Büros nicht ausreichen, um die konkrete Frage zu klären. Die Dienste erarbeiten auch ohne Antrag von Abgeordneten Studien und Stellungnahmen. Bisher wurde nur ein Teil dieser Expertisen veröffentlicht. Das Kernargument war, dass diese Gutachten im persönlichen Auftrag und in kurzer Zeit als namentliche Position der jeweiligen Autorin bzw. des Autors erstellt wurden. Sie gehörten, so die Argumentation, zur Mandatsausübung der oder des Abgeordneten.

Dieser Sichtweise ist das Oberverwaltungsgericht in nachvollziehbarer Weise gefolgt.

Besonders der konkrete Fall des Abgeordneten zu Guttenberg, dem vorgeworfen wurde, Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes unmittelbar für seine Dissertation verwendet zu haben, belegt ein öffentliches Interesse an den Stellungnahmen. Aber auch in vielen anderen Fällen hat die Öffentlichkeit durchaus berechtigt angemahnt, die Wissensgrundlagen politischer Entscheidungen wenigstens im Nachhinein zur Kenntnis nehmen zu können. Und auch für uns Abgeordnete wird die Arbeit eher leichter, wenn wir die Expertisen nicht als Verschlusssachen behandeln müssen. Wir finden es richtig, dass das Informationsfreiheitsgesetz auch für diesen Bereich des Parlaments als gültig erklärt wurde.

Gleichwohl ist das Urteil auch mit politischen Herausforderungen verbunden. Gerade weil die Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste in der Mehrzahl persönliche Zuarbeiten von einzelnen Autorinnen und Autoren sind, spielen Urheber- und damit auch Persönlichkeitsrechte dieser eine wichtige Rolle. Es muss ein Veröffentlichungsmodus gefunden werden, der den speziellen Charakter dieser Gutachten erhält. Dazu könnte etwa eine Karenzfrist für die Veröffentlichung und auch die Anonymisierung der Autor_innen beitragen. Und selbstverständlich sollte der oder die auftraggebende Abgeordnete anonymisiert werden, um auch weiterhin kritische und nonkonforme Fragestellungen zu ermöglichen.

In einem zweiten Urteil wurde der Bundestag in erster Instanz dazu verurteilt, die Namen der Organisationen zu veröffentlichen, denen auf Geheiß der Fraktionen Hausausweise ausgestellt wurde.

Diese Ausstellungen laufen über die Parlamentarischen Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer (PGF) – also für meine Fraktion über mich. Wir als LINKE sind als erste Fraktion sehr transparent mit dieser Situation umgegangen und haben auf Nachfrage von abgeordnetenwatch e.V. alle externen Institutionen und Organisationen mit deren Zustimmung veröffentlicht. Die Zahl war sehr übersichtlich. SPD und Union, die dem Vernehmen nach Hunderte von Hausausweisen für Externe befürwortet haben, legten diese nicht offen.

Auch hier wurde in der Gegenäußerung auf die freie Mandatsausübung der Abgeordneten abgestellt. Angesichts der Tatsache, dass nur die PGF die Berechtigung zu einer Befürwortung haben und diese im Interesse der Fraktion wahrnehmen, hat das Verwaltungsgericht Berlin diese Sichtweise zurückgewiesen. Die Verwaltung des Bundestages erwägt nun den Gang in die nächste Instanz – es ist fraglich, ob dieser finanzielle Aufwand gegen mehr Transparenz gerechtfertigt ist.

Ich meine: wer seine Lobbykontakte offen legt, ist glaubwürdiger.