In Berlin und (H)alle dabei – Wieder näher ran an die BürgerInnen

Wie man richtig schlechte Politik macht? Indem Debatten hinter verschlossenen Türen geführt und über Themen geredet werden, die wenig Relevanz besitzen. Die Ausschusssitzungen werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt, damit möglichst viele ‚alternative Fakten‘ entstehen, die den Unmut und das Misstrauen in der Bevölkerung befeuern. Die Kanzlerin und die BundesministerInnen erklären und beantworten am besten gar nichts und setzen die Abgeordneten möglichst nicht über alle aktuellen Probleme in Kenntnis. Was interessiert die schon die Abgeordneten? Kommunikation wird überbewertet. Für die EU-Themen interessiert sich eh niemand. Am besten darf auch niemand in irgendwelche Akten schauen und Auskünfte der Bundesregierung werden einfach prinzipiell ‚Streng geheim‘ eingestuft und so der Öffentlichkeit vorenthalten. LobbyistInnen dürfen ungehindert ein- und ausmarschieren. Und was Abgeordnete nebenher verdienen, sollte besser niemand erfahren. Nachher müssen sie noch in eine gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Wo kämen wir denn da hin?! Von wem wurden sie doch gleich gewählt? Ach ja, von den BürgerInnen. Nett, danke schön. Aber nach der Wahl sind deren Anliegen wieder vergessen und werden aus Prinzip überhört.

Wollen wir das? Wollen wir wirklich so ein Bild nach außen vermitteln? Dass der parlamentarische Alltag nicht für jede Bürgerin und für jeden Bürger nachvollziehbar ist, können vor allem die MitarbeiterInnen von Abgeordneten bestätigen. Sie spüren sehr deutlich an den Fragen und Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern, wo die politischen Prozesse sehr undurchsichtig und verunsichernd zu sein scheinen. Was passiert eigentlich mit einem Antrag? Wie viel verdient so ein/e Abgeordnete/r? Was wird in den Ausschüssen besprochen? Warum sitzen nicht immer alle Abgeordneten im Plenarsaal, wenn es um wichtige Debatten geht? Wie können Bürgerinnen und Bürger eigentlich mehr Gehör bekommen? Dabei ist es doch sehr verständlich, dass die Menschen, die dieses Parlament gewählt haben, wissen und verstehen wollen, was dort passiert, statt einem exklusiven Club bei schwer nachvollziehbaren Ritualen zuzuschauen und am Ende lediglich das Ergebnis vorgesetzt zubekommen. Teilhabe an politischen Prozessen muss auch nach den Wahlen für die BürgerInnen möglich gemacht werden.

In meiner Februarkolumne habe ich bereits einen Einblick in die Arbeit meiner Bundestagsfraktion gegeben, um auf diese Weise mehr Transparenz herzustellen. Aber das reicht natürlich nicht, um den Bürgerinnen und Bürgern in Zeiten von Fake News, Rechtsruck und dem deshalb nachlassenden Vertrauen in die Politik, die demokratische Arbeit im Bundestag wieder anschaulich und verständlich zu machen. Darum hat sich der Parlamentarische Geschäftsführer meiner Fraktion, Jan Korte, ein paar Punkte überlegt, die die Parlamentsarbeit reformieren und den Bürgerinnen und Bürgern stärker zugänglich gemacht werden sollen. Transparenz ist da das allumfassende Zauberwort.

Transparenz gilt nicht nur in den Ausschüssen, die der Öffentlichkeit ständig, zum Beispiel online, zugänglich gemacht werden sollten. Bürgerinnen und Bürger sollen erfahren, worum es geht – nicht nur über hinterher veröffentlichte Protokolle, sondern auch live und ungekürzt. Und im Plenarsaal? Da muss eine offenere Debattenkultur her, wo es auch mal um das Grundsätzliche geht und gestritten wird. Denn dafür wurden die Abgeordneten gewählt. Debatten vermitteln wichtige Informationen und setzen sich inhaltlich mit verschiedenen Meinungen zu einem Thema auseinander, statt sie im Hinterzimmer auszuklüngeln und Themen hinten runter fallen zu lassen.

Kommunikation ist wichtig! Das gilt auch für die oberste Führungsriege, die stärker in die Pflicht genommen werden muss, dem Parlament regelmäßig – am besten quartalsweise – Rede und Antwort zu stehen. So kommt wieder mehr Leben ins Parlament. Denn Politik findet für das Volk statt und sollte entsprechend offen ausgetragen werden.

Womit wir bei den LobbyistInnen wären. Für die braucht es ein Register. Wer trifft sich mit wem? Warum? Wer gab welchem Abgeordneten eine Spende? Nur so können Regelverstöße und Korruption stärker kontrolliert und verhindert werden. Abgeordnete unterliegen nämlich Verhaltensregeln, die unter anderem klären, wie sie mit Spenden und Nebeneinkünften umzugehen haben. Diese sollten sie mit allen ihren sonstigen Bezügen und Einkünften offen legen und somit transparent machen. Denn eigentlich gibt es da nichts zu verstecken und die BürgerInnen haben ein Recht darauf, zu erfahren, womit sich ihre Abgeordneten neben der Parlamentsarbeit beschäftigen. Ich selbst lege meine Einkünfte schon immer offen. Jede/r kann sie auf meiner Homepage einsehen.

Was die Abgeordnetendiäten angeht, so handhabt das meine Fraktion stets so, dass jede/r Abgeordnete die vom Bundestag beschlossene Diätenerhöhung in einen Fond einzahlt. Aus diesem Spendentopf werden dann soziale Projekte finanziert. DIE LINKE. lehnt jede Diätenerhöhung ab. Abgeordnete nagen nicht am Hungertuch. Diese Geldanhäufungen und auch die eigentlich funktionslosen und somit verzichtbaren Pöstchen, wie die der parlamentarischen StaatssekretärInnen, sind eher eine Farce. Die Solidarität mit der Gesellschaft ist wichtig. Abgeordnete sollten deshalb in die gesetzliche Krankenversicherung einzahlen. Das würde Vertrauen und Nähe schaffen.

Wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern zuhören – denn wir sind ihre VertreterInnen. Die BürgerInnen sollen mitbestimmen, mitreden und kritisieren dürfen – über Petitionen oder auch über ein Online-Diskussionsforum, wie es der Thüringer Landtag vorgelegt hat. Hier kann jede/r zum Beispiel über Gesetzesentwürfe diskutieren, Anregungen geben und Kritik äußern.

Und was wäre sonst noch erstrebenswert? Zum Beispiel eine Reform des Wahlgesetzes. Das jetzige Parlament ist enorm aufgebläht und weist einen massiven Frauenmangel auf. Da muss nachgearbeitet werden. Dabei können dann auch gleich das Wahlalter auf das 16. Lebensjahr abgesenkt und die 5 %-Klausel abgeschafft werden.

Das sind viele Änderungsvorschläge, die Jan Korte da anregt. Aber sie sind sehr wichtig und notwendig, da sie aufzeigen, was im Parlament noch nicht gut läuft und wo die Probleme liegen. Es bleibt offen, wie seine Vorschläge angenommen beziehungsweise umgesetzt werden.