Eine LINKE Landesregierung bewegt auch die Bundespolitik nach links

Interview der Woche mit Roland Claus und Petra Sitte

Petra Sitte, die in ihrem Wahlkreis in Sachsen-Anhalt ein Direktmandat errang, und Roland Claus, ebenfalls Abgeordneter aus Sachsen-Anhalt, beleuchten im Interview der Woche die Auswirkungen der Bundes- auf die Landespolitik. In den bevorstehenden Landtagswahlen spielt die katastrophale Situation der Kommunen eine zentrale Rolle: Sie können ihre Aufgaben kaum noch wahrnehmen. »DIE LINKE steht bereit, die Probleme anzupacken!« kündigt Roland Claus an. Die zehn Kernvorhaben nennt Petra Sitte: Sie reichen »von sozialer Chancengleichheit in der Bildung über öffentliche Beschäftigung, stärkere Tarifbindung und Mindestlöhne bis zum Vorrang für erneuerbare Energien.« 

Roland Claus, Ihr Wahlkreis liegt in Sachsen-Anhalt: Welche Themen beschäftigen die Menschen jetzt vor der Landtagswahl?

Roland Claus: Sachsen-Anhalt hat die größte Arbeitsproduktivität der ostdeutschen Bundesländer und zugleich werden hier die niedrigsten Löhne der gesamten Bundesrepublik gezahlt. Das passt vorn und hinten nicht zusammen, das merken die Menschen und deshalb zieht es unvermindert vor allem jüngere, gut ausgebildete Sachsen-Anhalterinnen und Sachsen-Anhalter in andere Bundesländer. Die schwarz-rote Landesregierung hat daran nichts zu ändern vermocht, wie auch an der katastrophalen Situation der Kommunen oder etwa der Bildungsmisere im Land. DIE LINKE steht bereit, die Probleme anzupacken!

Petra Sitte, wie geht es in Sachsen-Anhalt den Kommunen?

Petra Sitte: Die finanzielle und wirtschaftliche Lage der Kommunen ist mehr als ernst. Kommunale Handlungsspielräume sind dramatisch eingeschränkt, weil die Kassen leer sind. Dabei leiden die Kommunen unter Sparzwängen, die zuerst einer verfehlten Bundespolitik zuzuschreiben sind. Kommunalpolitik kann so Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge, Aufgaben unmittelbarer sozialer und kultureller Verantwortung nur noch schwer wahrnehmen.

Wie will DIE LINKE dem begegnen?

Roland Claus: Grundsätzlich wollen wir uns in den nächsten Jahren dafür einsetzen, dass die Landeszuweisungen an die Kommunen in Sachsen-Anhalt wenigstens wieder auf das Niveau der Jahre 2008 und 2009 in Höhe von 1,7 Milliarden Euro angehoben werden. Damit sollen die Kommunen in die Lage versetzt werden, trotz der radikalen Einnahmeverluste in Folge der Wirtschaftskrise und einer verfehlten Steuerpolitik die Grundlagen der öffentlichen Daseinsvorsorge in den nächsten Jahren zu erhalten.Zunächst aber steht die Beseitigung der Winterschäden auf Straßen und an Gebäuden auf der Tagesordnung. Dafür würden wir den Kommunen 20 Millionen Euro aus Steuermehreinnahmen zur Verfügung stellen.

Welche Spielräume gibt es denn auf Landesebene – gerade im Bereich Kommunalfinanzen?

Petra Sitte: Eine vollständige Garantie aufgabenbezogener Finanzierung der Kommunen durch das Land wird ohne ein Umsteuern auf bundespolitischer Ebene kaum möglich sein. Wir brauchen dringend Schritte zur Verbesserung der Einnahmesituation der Länder und Kommunen. Die Fraktion DIE LINKE. im Bundestag hat hierzu mehrfach Vorschläge eingebracht. Aber wir haben mit dem Sachsen-Anhalt-Konzept 2011 auch auf Landesebene eine Reihe von Vorschlägen vorgelegt, die die finanzielle und wirtschaftliche Basis der Kommunen stärken können.

Sachsen-Anhalt hat enorme Arbeitslosen-Zahlen. Wer arbeitet, bekommt überdurchschnittlich oft nur Niedriglöhne. Welche Möglichkeiten gibt es, hier etwas zu ändern?

Roland Claus: Im Land gibt es mehrere Beispiele dafür, dass die Fördermittelvergabe für sich ansiedelnde Unternehmen nicht konsequent mit ordentlichen Löhnen für die Arbeitnehmer verbunden ist. Das muss sich ändern. Mit der LINKEN an der Regierung wird die Vergabe öffentlicher Aufträge an ein Lohnniveau gekoppelt, das mit unseren Forderungen nach der Einführung eines bundesweiten Mindestlohns übereinstimmt. Von Arbeit muss man auch in Sachsen-Anhalt wieder leben können.

Wie will DIE LINKE in Sachsen-Anhalt dafür sorgen, dass es mehr Gute Arbeit gibt?

Petra Sitte:Wir haben konkrete Vorschläge für den Einstieg in öffentlich geförderte Beschäftigung gemacht. Wir wollen die Vergabe öffentlicher Aufträge an soziale Standards wie gerechte Löhne binden. Und wir wollen die Fördermittelpolitik von der Unternehmens- zur Standortförderung entwickeln und diese zugleich an überprüfbare Kriterien wie Nachhaltigkeit, Schaffung von Arbeitsplätzen, regionaler Wertschöpfung und Innovation ausrichten. Mit solchen Schritten wollen wir endlich weg vom Image des Landes als Dumpinglohnland. Und wir beschreiten damit andere Wege als die Mogelpackung „Bürgerarbeit“, die die Menschen in der unwürdigen Spirale des Hartz-IV-Systems belässt.

Profitieren die Nazis von der schwierigen sozialen Situation vieler Menschen?

Roland Claus: Bisher war zu beobachten, dass die antidemokratische NPD sich im Wahlkampf um ein sympathisches, mittelstandsorientiertes und heimatverbundenes Image bemüht. Sie inszeniert sich als Stimme der „kleinen Leute“ und gibt vor, auszusprechen, was ohnehin alle denken würden. Gerade bei Jung- und Erstwählern sowie bei den sogenannten Politikverdrossenen versucht sie damit zu punkten. Ich hoffe nicht, dass sie mit dieser Strategie der Bemäntelung ihrer völkischen Weltanschauung erfolgreich ist. Im Internet schreibt die NPD: „Noch hängen wir nur Plakate an die Laternen.“ DIE LINKE zumindest wird alles dafür tun, dass die NPD und ein solcher Geist nicht in den neuen Landtag einziehen kann.

Das Thema Bildung spielt auch in Sachsen-Anhalt eine wichtige Rolle. Wo drückt der Schuh am meisten?

Petra Sitte:Vor allem muss die soziale Schieflage im Bildungssystem überwunden werden. Da helfen Bildungspäckchen mit Gutscheinen nicht weiter, da sie am Kern des Problems vorbei gehen. Wir brauchen soziale Chancengleichheit beim Zugang zu Bildung und das von Anfang an. Wir wollen längeres gemeinsames Lernen und individuelle Förderung, die Wiedereinführung des Rechtsanspruchs auf ganztägige Kita-Betreuung für alle Kinder und ein gesundes und bezahlbares Mittagessen für alle Kita-Kinder, um nur die wichtigsten Forderungen zu nennen.

Wie wird sich eine veränderte Regierung in Sachsen-Anhalt, möglicherweise mit Beteiligung der LINKEN, auf die Bundespolitik auswirken?

Roland Claus: DIE LINKE will in Sachsen-Anhalt mit Wulf Gallert ihren ersten Ministerpräsidenten stellen. Dafür kämpfen wir um jede Stimme. Wird nach dem 20. März DIE LINKE im Land regieren, wird dies das bundespolitische Koordinatensystem natürlich in jeglicher Konstellation nach links bewegen, indem wir vor Ort im Land unsere Politik der sozialen Gerechtigkeit, der guten Arbeit, der starken Kommunen, der bildungspolitischen Chancengleichheit und der Stärkung der Demokratie durchsetzen und diese Politik auch verstärkt im Bundesrat vertreten können, so wie es Brandenburg und Berlin derzeit schon tun.

Welche Themen wird DIE LINKE im Falle eines Wahlsieges als erste angehen?

Petra Sitte: Wir stehen Wählerinnen und Wählern gegenüber mit allen unseren Wahlaussagen in der Pflicht, das ist schwerlich in eine Reihenfolge zu bringen. Der Landesparteitag am 5. März hat noch einmal 10 Kernvorhaben formuliert: von sozialer Chancengleichheit in der Bildung über öffentliche Beschäftigung, stärkere Tarifbindung und Mindestlöhne bis zum Vorrang für erneuerbare Energien. Und wir werden alle Kraft einsetzen, diese Vorhaben umzusetzen.