Ein Beitrag von Prof. Dr. Siegfried Kiel:
Es freut die Sportlerinnen und Sportler unserer Stadt und aus dem Umfeld, vor allem die Fußballer und ihre vielen Anhänger, dass das (bisherige) Kurt-Wabbel-Stadion ein neues Gesicht und eine moderne, vorzeigbare Gestalt bekommt. Die Freude mischt sich jedoch mit dem Wissen, dass der Name Kurt Wabbel liquidiert werden soll bzw. schon ist.
Entsetzen macht sich breit, und zwar aus mehreren Gründen. Der erste und hauptsächliche Grund bezieht sich auf den Umgang mit der Person Kurt Wabbel (1901 – 1944). In Kurzform (vgl. hierzu meinen Artikel „Herr Hirschinger und die Fälschung von Biographien“ im Linken Blatt, 2. Märzausgabe 2007): Er war aktiver Arbeitersportler, seine Disziplin war das Ringen, auch fühlte er sich dem Fußball und Boxen hingezogen. Eng verbunden mit seinem sportlichen und sportorganisatorischem Engagement ist sein politisches Wirken zu sehen. Im Jahre 1929 wurde er als Vertreter der KPD in die Stadtverordnetenversammlung von Halle gewählt.
Hier engagierte er sich vor allem für die Erwerbslosen und sozial Schwachen. Er gehörte zu jenen, die zeitig vor der Gefahr des aufkommenden Faschismus warnten. Vielfach trat er als Redner gegen die braune Gefahr auf. Er gehörte zu den Ersten, die von den braunen Machthabern inhaftiert wurden. Nach seiner vorübergehenden Entlassung aus der Lichtenburg erfolgte am 08.04.1937 die erneute Inhaftierung. Bis zu seinem Tod 1944 war er Gefangener der SS im KZ Buchenwald und dessen Außenlager Wernigerode.
In den besten Jahren seines Lebens war Kurt Wabbel mit dem „Faschismus pur“ und immer mit der Frage konfrontiert: Werde ich hier je wieder lebend raus kommen? Es gibt nicht wenige, auch sehr widersprüchliche Zeugenaussagen aus jener Zeit. Es ist schon beeindruckend und menschlich bewegend, wie ein ehemaliger Mitgefangener formulierte: Man merkte, die jahrelange Haft hat ihn „sehr mitgenommen“; man spürte bei ihm eine „Schwermütigkeit“ und „Verschlossenheit“. Und trotzdem (dafür gibt es diverse Belege): Auch unter den unmenschlich
zu nennenden Bedingungen des KZ hat er seine antifaschistische Haltung und sein menschliches Verhalten unter Beweis gestellt.
So war es nur verständlich, dass schon im Jahre 1945 das Sportamt der Stadt Halle für den Namen „Kurt-Wabbel-Stadion“ plädierte. Ganzen Generationen war und ist der Name Kurt Wabbel wohlbekannt, nun soll mit einem Federstrich der Name faktisch liquidiert werden.
Im Vorfeld der neuen Namensgebung hat es keine öffentliche Diskussion gegeben, auch keinen Dialog mit Interessenten, indem Argumente und Lösungsvarianten hätten ausgetauscht werden können. Auf kaltem Wege soll den Hallensern und den vielen Menschen aus dem Umfeld ein völlig neuer Name aufoktroyiert werden. Dabei wäre es sehr wohl möglich gewesen, legitime unternehmerische und städtische Interessen zusammenzuführen, dabei Traditionen nicht zu negieren und bei der Namensgebung nach einem Kompromiss zu suchen – wenn man nur gewollt hätte.
Schließlich: Das Argument, mit einem neuen Namen für das Stadion verfahre man im Prinzip genau wie in anderen Städten (etwa Dortmund, Leverkusen oder Rostock) ist insofern problematisch, weil nach unserer Kenntnis in diesen Städten kein Name von Antifaschisten über Bord geworfen wurde. Was in Halle geschah, kann m. E. aus politischmoralischem Blickfeld nur als verwerflich angesehen werden.
Noch ein Wort an die Adresse der Linksfraktion im Stadtrat: Die Fraktion, zumindest einige ihrer Mitglieder, wusste seit längerem, dass die Absicht besteht, den Namen „Kurt- Wabbel-Stadion“ zu liquidieren. Nun hätte man wissen müssen, dass es in dieser Frage eine sensible Öffentlichkeit gibt und die LINKE in Halle über Jahre hinweg den Namen „Kurt-Wabbel-Stadion“ mit Erfolg verteidigt hat (z. B. 1997 deutliche Ablehnung eines Antrages der CDU im Stadtrat von Halle
zur Umbenennung des Stadions). Es gab seitens der Fraktion im Prinzip aber keine Information und keine Suche nach einem möglichst gemeinsamen Standpunkt. Am Stadion wird ja noch tüchtig gebaut. Da kann man nur hoffen, dass in der Angelegenheit noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. Kurt Wabbel darf nicht postum verurteilt werden.