Schatzkammern der Wissens- und Kulturgesellschaft für alle öffnen!

Der Ausschuss für Kultur und Medien diskutiert heute mit Sachverständigen über die „Deutsche Digitale Bibliothek“ und die Digitalisierung des Kulturerbes. Grundlage dieses Gesprächs bilden Anträge aller Fraktionen zum Thema. Der Deutsche Bibliotheksverband hatte im vergangenen Jahr mehr Mittel für die Digitalisierung, Veränderungen im Urheberrecht und eine bessere Koordination zwischen Bund, Ländern und Kommunen gefordert. Anderenfalls werde die Deutsche Digitale Bibliothek nur ein Dachportal bleiben, dem die Inhalte fehlen.

Lukrezia Jochimsen, kulturpolitische Sprecherin, der Linksfraktion stellte die Bedeutung der Digitalisierung heraus: „Die digitale Welt bietet die Chance, die Wissens- und Kulturschätze allen schnell und unkompliziert zur Verfügung zu stellen und auf Dauer zu konservieren. Wir müssen die Archive, Museen und Bibliotheken öffnen – für jedermann an jedem Ort. Diese Quellen sind unschätzbare Inspiration für Bildung, Wissenschaft und Kultur.“

Petra Sitte, Forschungspolitikerin und Mitglied der Enquéte-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ stellt die Probleme auf dem Weg zur Deutschen Digitalen Bibliothek dar: „Der Bund überlässt Ländern und Kommunen die Verantwortung sowohl bei der Finanzierung als auch bei der Koordination der Digitalisierung. Die chronisch klammen Länder werden die Aufgabe der Massendigitalisierung nicht stemmen. Die Bundesregierung sollte sich ein Vorbild an Frankreich nehmen, das 750 Millionen Euro in die Digitalisierung des Kulturerbes investieren will.“

Lukrezia Jochimsen sieht auch das Urheberrecht als Hemmschuh: „Bis zu 60 Prozent der Werke in unseren Archiven und Bibliotheken gelten als verwaist, weil die Rechtesituation unklar ist und Rechteinhaber nicht aufzufinden sind. Ohne eine praktikable und effektive Lösung des Problems der verwaisten Werke wird es keine Massendigitalisierung der Werke aus dem 19. und 20. Jahrhundert geben! Wir schlagen eine Beschränkung des Urheberrechts an dieser Stelle vor, die den Bibliotheken nach einer erfolglosen standardisierten Suche die digitale Veröffentlichung erlaubt. Natürlich müssen Rechtinhaber vergütet werden, wenn diese ihre Ansprüche geltend machen.“

Zum Hintergrund:  Die „Deutsche Digitale Bibliothek“ soll zukünftig den Zugang zu digitalisierten Werken aus Bibliotheken, Museen und Archiven auf einer Plattform bündeln und Teil der Europäischen Digitalen Bibliothek „Europeana“ werden. Integriert sind besondere Suchtechniken, u.a. entwickelt mit Hilfe des Forschungsprojekts Theseus. Der Bund finanzierte die Entwicklung der Plattform mit etwa 5,5 Mio. Euro aus dem Konjunkturpaket. Zudem werden jährlich 2,6 Mio. Euro durch Bund und Länder für den jährlichen Betrieb befristet auf fünf Jahre zur Verfügung gestellt. Im Rahmen dieser wird NICHT die Erstellung der digitalen Inhalte, also das Scannen von Exponaten und Werken umgesetzt. Hier verweist die Bundesregierung einerseits auf die Kulturhoheit der Länder, andererseits auf laufende DFG-Förderungen im Umfang von 10 Mio. Euro. Diese beziehen sich jedoch nur auf Bücher bis etwa zum 18. Jahrhundert aus großen Bibliotheken. Die Linksfraktion hat seit dem Haushaltsjahr 2010 ein Förderprogramm für die Digitalisierung beantragt, was jedoch keine Mehrheit im Bundestag fand. Der Konzern Google hat bisher etwa 17 Millionen Bücher digitalisiert, von denen noch nicht alle online stehen. Darunter sind auch etwa 500.000 Exemplare aus einem Kooperationsprojekt mit der Münchner Staatsbibliothek. Der Anteil an deutschen Exponaten in der Europeana ist mit etwa 17 Prozent hingegen gering, der Anteil der Bücher unter diesen Exponaten noch einmal kleiner. Ein öffentliches Projekt wie die Europeana hat gegenüber einem privaten wie GoogleBooks den Vorteil dauerhafter Verfügbarkeit und offenerer Lizenzpolitik unabhängig von privaten Verwertungsinteressen.