Schwarzgelbe Koalition gefährdet modernes wissenschaftliches Arbeiten

TOP 29)  Beratung des Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes

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– Rede zu Protokoll –

Liebe Freunde der Wissenschaft,

Paragraph 52a des Urheberrechts regelt die Zugänglichmachung von kleinen Teilen urheberrechtlich geschützter Werke im Intranet von Hochschulen. Die hauptsächliche praktische Anwendung ist der elektronische Semesterapparat, in dem die Lehrenden ihren Studierenden Aufsätze und Textauszüge oder andere Quellen zur Verfügung stellen.

Der § 52a wurde 2003 eingeführt und seither immer wieder befristet verlängert. Warum diese Befristungen? Weil die Wissenschaftsverlage gegen den Paragraphen lobbyieren. Sie halten Hochschullehrer für Raubkopierer. Sie glauben, sie würden viel mehr Bücher verkaufen, wenn an Hochschulen nicht so viel kopiert würde. Sie fordern die Abschaffung des Paragraphen.

Die Verleger beklagen, dass die Hochschulen oder besser die zuständigen Bundesländer für die Nutzung der Werke in elektronischen Semesterapparaten nichts zahlen. Allerdings haben die Bundesländer für die Nutzung beispielsweise von Bild- oder Tonmaterial sehr wohl Verträge geschlossen und bezahlen auch Nutzungsgebühren.

Die Wissenschaftsverlage aber verlangen das 240fache dessen, was andere als angemessene Vergütung akzeptiert haben.
Und sie wollen, dass alle Dozenten an allen Hochschulen für jedes Seminar neu jedes einzelne Buch auflisten sollen, aus dem sie ein paar Seiten für ihre Studierenden kopieren. Dabei sollen sie folgende Angaben machen: Name und Anschrift der Hochschule, Titel des Seminars, Zeitraum des Seminars, Teilnehmerzahl des Seminars, Name und Mailadresse des Dozenten, die Titel des Buches und des Aufsatzes, ISBN-Nummer, Anzahl der kopierten Seiten, Verlag, Erscheinungsort, Erscheinungsjahr, Anzahl der Autoren.

Sie können sich denken, wie lange es dauert, ein solches Formular auszufüllen.

Und dann hat auch noch das Oberlandesgericht Stuttgart verfügt, dass diese elektronischen Semesterapparate nicht ausgedruckt oder heruntergeladen werden dürfen, sondern nur am Bildschirm zu lesen sind.

Meine Damen und Herren, ich stelle mir wissenschaftliches Arbeiten anders vor. Ich glaube, das Urheberrecht sollte die Verbreitung von Wissen erleichtern und nicht behindern.

Jetzt hoffen die Verlage, dass auch der Bundesgerichtshof den §52a so restriktiv auslegt, wie die Oberlandesgerichte zuvor. Dann wäre der Paragraph sozusagen vor Gericht totgemacht.

In der Folge müssten Hochschulen einzeln privatwirtschaftliche Lizenzverträge mit den Verlagen abschließen, wenn sie modernes wissenschaftliches Arbeiten weiter ermöglichen wollen. Das wird richtig teuer für die Bundesländer.

Die Regierungskoalition riskiert mit ihrer hier zur Debatte stehenden zögerlichen Fristverlängerung des § 52a, die klammen Kassen der Bundesländer weiter zu strapazieren. Oder das Ende moderner Wissensvermittlung an unseren Hochschulen.

Der § 52a muss nicht befristet verlängert werden, sondern sein Anwendungsbereich muss so ausgeweitet werden, dass die Hochschulen tatsächlich etwas davon haben. Er muss Teil einer allgemeinen Wissenschaftsschranke werden, wie sie DIE LINKE und unzählige Wissenschaftsverbände immer wieder gefordert haben.