Das Parlament muss endlich arbeiten

Wöchentliche Kolumne auf linksfraktion.de

Von Petra Sitte, Erste  Parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

Für diese Woche war ursprünglich die erste Sitzungswoche des neuen Bundestages angesetzt. Union und SPD haben diese abgesagt, um in Ruhe ihre Koalitionsverhandlungen führen zu können. Ich meine: Der Gesetzgeber kann arbeiten und sollte dies auch. Die politischen Herausforderungen in unserem Land sind zu groß, um die nun bereits seit mehr als sechs Wochen andauernde Phase des politischen Stillstands hinnehmen zu können.

DIE LINKE hat fünf Gesetzentwürfe vorgelegt, mit denen schon jetzt mehr Gerechtigkeit geschaffen werden könnte. Wir haben etwa die Initiative des Bundesrates aufgegriffen und einen Mindestlohn von 8,50 Euro beantragt. Klar ist, dass dieser Betrag insbesondere für eine armutsfeste Rente nicht ausreicht und DIE LINKE einen Mindestlohn von 10 und perspektivisch von 12 Euro durchsetzen will. 8,50 Euro jedoch wäre mit SPD, Grünen und den Gewerkschaften konsensfähig. Einem Mindestlohn stimmen breite Mehrheiten in unserer Gesellschaft zu. Er ist eine Armutsbremse und stimuliert die so dringende gebrauchte Inlandsnachfrage.

Was sich bisher in den Koalitionsverhandlungen abzeichnet, ist ein typischer halbgarer Kompromiss: Mehr tarifvertraglich ausgehandelte „Lohnuntergrenzen“ soll es geben, womöglich regional differenziert. Von einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn ist man in den Gesprächen noch weit entfernt.

Auch bei der Abschaffung des Betreuungsgeldes zugunsten von mehr Kitaplätzen hat die SPD gegen die Union nichts erreicht. Unsere Fraktion hat auch dazu einen Gesetzentwurf des Bundesrates aufgegriffen, um die Mehrheit im Bundestag gegen das unsinnige Betreuungsgeld zu nutzen.

Wir wollen gleichgeschlechtliche Partnerschaften der Ehe gleichstellen. SPD und Grüne wollen das auch. Vor der Sommerpause lieferte sich die damalige Opposition eine erbitterte Debatte und verlor die Abstimmung gegen die Regierungsmehrheit wohl auch, weil bei Union und FDP einige gegen ihre Überzeugung gestimmt haben. Jetzt wäre der Zeitpunkt gekommen, diese Abstimmung zu wiederholen und mit der Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf ein Zeichen für Menschenrechte und die Würde verschiedener Lebensweisen zu setzen. Es ist nicht hinnehmbar, dass im Jahr 2013 gleichgeschlechtliche Lebensweisen derart unsinnigen Benachteiligungen ausgesetzt sind.

Gemeinsam könnten LINKE, SPD und Grüne auch die sachgrundlosen Befristungen von Arbeitsverträgen eindämmen. 41 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter 25 – ohne Azubis – sind befristet beschäftigt. Eine Familiengründung unter so unsicheren Bedingungen ist ein hohes Risiko.

Die Abschläge bei den Erwerbsminderungsrenten könnten ebenfalls durch eine rot-rot-grüne Mehrheit im Parlament abgeschafft werden. Auch hierzu liegt ein Gesetzentwurf der LINKEN vor, auf dessen Aufsetzung wir drängen.

Immerhin muss die Bundesregierung auf Wunsch von Grünen und LINKEN in der kommenden Woche in einer Sondersitzung öffentlich über den Überwachungsskandal Rechenschaft ablegen. Geheimdienste im In- und Ausland haben unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung einen Angriff auf unsere BürgerInnenrechte und damit auf unsere Demokratie gestartet. Aber erst der Lauschangriff auf das Kanzlerinnentelefon hat die Bundesregierung wachgerüttelt. Nun wollen wir wissen, was sie weiß. Und was sie zu unser aller Schutz tun will.

Die Bevölkerung hat mit dem Wahltag uns, das Parlament, zum Handeln aufgefordert. Wir müssen dieser Aufforderung endlich nachkommen.