Gestern hat der Rechtsausschuss des Europaparlaments ein Verhandlungsmandat zur Urheberrechtsreform beschlossen, das sowohl ein europäisches Leistungsschutzrecht für Presseverlage als auch eine Verpflichtung zum Betreiben von Uploadfiltern für Plattformen vorsieht. Beides gegen einen breiten zivilgesellschaftlichen Protest insbesondere in den letzten Tagen – denn beides droht, das freie Internet, wie wir es kennen, empfindlich zu beeinträchtigen.
Mit dem Leistungsschutzrecht wird eine in Deutschland bereits vor Jahren eingeführte Maßnahme auf die europäische Ebene gehoben: eine Verpflichtung, Links auf Presseartikel zu vergüten, wenn sie kurze Ausschnitte daraus wiedergeben. In Deutschland ist das Leistungsschutzrecht vollständig gescheitert. Es hat weder bei Verlagen noch Journalist*innen zu Mehreinnahmen geführt, dafür aber viele Onlinedienste, insbesondere kleine, in Rechtsunsicherheit gebracht.
Mit Uploadfiltern soll zukünftig jeder auf Internetplattformen hochgeladene Inhalt automatisiert gefiltert werden, um Urheberrechtsverletzungen auszuschließen. Das Filtern völlig legaler Inhalte ist damit im Wortsinn vorprogrammiert, denn kein Algorithmus kann zulässige Zitate oder Parodien erkennen, die ja gerade als lebendiger Bestandteil der Internetkultur gepflegt werden.
Neben der Einschränkung der Meinungsfreiheit kommt das Problem hinzu, dass nur wenige große Player überhaupt in der Lage sein werden, solche Filter zu betreiben. Also werden kleinere Plattformen absehbar gezwungen sein, auf die Dienste von Google oder Facebook zurückzugreifen. Es ist unfassbar, dass gerade in Zeiten, in denen endlich begonnen wird, intensiver über ihre Regulierung nachzudenken, den Plattformmonopolisten ein derartiges Geschenk zur Stärkung ihrer Marktmacht überlassen werden soll.
Durchgesetzt wurde dieses Geschenk an Google und Co. vom verhandlungsführenden CDU-Abgeordneten Axel Voss, der sich damit gegen den Koalitionsvertrag und Union und SPD auf Bundesebene stellt. Darin ist eine klare Ablehnung von verpflichtenden Upload-Filtern verankert. Auch die Bundesregierung hat aber in den letzten Monaten auf europäischer Ebene keine Anstalten gemacht, in diesem Sinne tatsächlich zu handeln.
Bemerkenswert ist auch, wenn auch derzeit nicht im Fokus der Debatte, dass im Entwurf Einschränkungen für Text- und Datamining vorgesehen sind, einer Basistechnologie für moderne Anwendungen der Künstlichen Intelligenz. Bemühungen, hier in Europa und Deutschland nicht den Anschluss zu verlieren, wie sie auch in der geplanten Enquete-Kommission des Bundestags eine Rolle spielen sollen, werden damit konterkariert.
Noch ist die endgültige Entscheidung nicht gefallen; als nächstes wird sich das Plenum des Europaparlaments in zwei Wochen mit dem Verhandlungsmandat befassen. Traurig ist in jedem Fall, dass aus dem eigentlich dringend notwendigen Vorhaben einer Modernisierung des europäischen Urheberrechts am Ende wieder einmal nur ein Abwehrkampf gegen immer weiter gehende Restriktionen geworden ist.