August-Kolumne: In Berlin und (H)alle dabei – Teure Erdbeerzeit

Liebe Leute, lasst uns mal über ein sehr ernstes und absolut natürliches Thema sprechen. Es gibt da so Menschen, die einmal im Monat eine ziemlich krasse Sache machen, über die kaum gesprochen wird, weil ihnen gern gesagt wird, wie eklig das ist. Dieses mit Scham und Ekel behaftete Thema wird gern mit netten Worten umschrieben. Da kommen dann eben regelmäßig eine rote Tante, ein roter Baron oder sogar Bloody Mary zu Besuch oder es wird auf der roten Welle gesurft. Manche haben nicht nur ihre Tage, sondern auch ihre Schmollwoche oder auch Los Wochos. Ganz kreativ wird es mit der Umschreibung einen Ferrari in der Tiefgarage oder einen Maler im Keller zu haben. Diese Ersatzbezeichnungen sind lächerlich und unnötig oder wie Carolin Kebekus es in ihrer Ode an die Periode so schön besingt: „Erdbeewoche? Ich kotz‘ im Strahl!“ Wir finden äußerst kreative Formulierungen für etwas, das absolut natürlich und sogar lebensnotwendig für die Menschheit ist: die Menstruation.

Wem das jetzt schon zu grenzwertig ist, liest einfach nicht weiter. Für alle anderen gibt es mal einen kleinen Bildungsausflug. Die weibliche Menstruation verläuft in verschiedenen Phasen: Einmal im Monat reift im Körper der Frau, in den Eierstöcken, eine Eizelle heran. Wird diese nicht befruchtet, wird sie zusammen mit der Gebärmutterschleimhaut abgestoßen und anschließend wieder neu aufgebaut. Der gesamte Zyklus dauert 25 bis 35 Tage, die eigentliche Blutung nur wenige Tage bis zu einer Woche.¹

Der weibliche Körper räumt also regelmäßig und gründlich in der Gebärmutter auf, um Ordnung für die nächste Eizelle zu schaffen. Das alte Material muss ja irgendwohin, also fließt es ab – und das nicht, wie es die Werbung gern zeigt, in blauer Flüssigkeit, sondern rot und auch mal schleimig. Eklig? Meine Güte, es ist Natur und Fruchtbarkeit. Dieser Vorgang ist nicht für alle Menschen mit Eierstöcken schmerzfrei und hat auch mit starken Nebenwirkungen (Schmerzen, Krämpfen, Kreislaufproblemen, Übelkeit etc.) zu tun, denn so eine regelmäßige Kernsanierung des Unterleibs ist anstrengend für den Körper. Einen Ausschaltknopf gibt es nicht und vor der Geburt gab es keine Wahloption. Es ist also kein Luxus, den sich Menschen mit Gebärmutter einmal im Monat gönnen, weil es ja so viel Spaß macht regelmäßig zu bluten. Dennoch wird auf entsprechende Hygieneartikel in Deutschland eine Steuer von 19% erhoben. Menstruierende Menschen sind auf diese Hygieneartikel angewiesen, wenn sie nicht monatlich im Job oder in der Ausbildung fehlen sollen und sich somit regelmäßig von der Gesellschaft ausschließen – wie es in Entwicklungsländern tatsächlich der Fall ist. Doch dieser Bedarf ist teuer und kann durchaus bei über 10€ im Monat liegen, wenn zum Beispiel auch noch Medikamente benötigt werden. Für Menschen mit geringem oder keinem Einkommen könnte das eine ziemliche Belastung darstellen.

Meine Fraktion im Bundestag hat darum im Mai dieses Jahres einen Antrag zur Absenkung der Mehrwertsteuer auf den ermäßigten Steuersatz von 7% gestellt. Noch besser wäre es, wenn jene Hygieneartikel kostenfrei an öffentlichen Orten wie Gesundheitsstellen, Toiletten und anderen Einrichtungen zur Verfügung stehen würden. Dass die eine Hälfte der Bevölkerung nicht menstruiert, heißt nicht, dass die andere für diese Fähigkeit bestraft und ihre Gebärfunktion besteuert wird. Wir brauchen einen diskriminierungs- und tabufreien Umgang mit der weiblichen Menstruation. Männliche Wesen sind doch auch so stolz auf ihre Fruchtbarkeit und haben scheinbar kaum Probleme über ihre aufgeschlagenen Zelte und die zahlreichen Gäste zu sprechen. Warum sollten Frauen nicht genauso stolz mit ihrer Fruchtbarkeit und der monatlichen Erinnerung daran umgehen dürfen? „Wir verstecken uns nicht mehr. Wir bluten! Seht her!“ singt Carolin Kebekus weiter.

In diesem Sinne: Viva la Menstruation!

¹Nachzulesen zum Beispiel bei Lasch, Lidia / Fillenberg, Sabine (2017): Basiswissen Gynäkologie und Geburtshilfe.