Rede: Schmalspurstrategie bei der Bioökonomie

204. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 14. Januar 2021 Tagesordnungspunkt 15: a) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Nationale Bioökonomiestrategie Drucksache 19/16722

Dr. Petra Sitte (DIE LINKE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Nationale Bioökonomiestrategie – da kann ich an den Grundton des Kollegen Brandenburg anknüpfen – wurde vor exakt einem Jahr beschlossen, nämlich im Januar vor einem Jahr. Schon im Dezember 2020, also elf Monate später, wurde ein neuer Bioökonomierat gebildet. Eilig hatten Sie es offensichtlich nicht.

Unter den 20 Mitgliedern des nunmehr dritten Bioökonomierates ist nur ein Vertreter einer NGO. Das ist insofern erwähnenswert, als die Bundeslandwirtschaftsministerin dem Bioökonomierat ein enormes Potenzial zuschrieb: Man müsse Grenzen und Zielkonflikte diskutieren; denn die landwirtschaftliche Fläche sei begrenzt – was ja stimmt –; die Hauptaufgabe der Landwirte bleibe die Erzeugung unserer Nahrungsmittel, und die Debatten müssten unter Einbindung der Gesellschaft geführt werden. – Hm. Meine Damen und Herren, unbestritten können natürlich mit Bioökonomie spannende Projekte realisiert werden. Damit kann der Verbrauch von fossilen Ressourcen wie Kohle und Erdöl allemal verringert und durch nachwachsende Rohstoffe ergänzt werden. Unbestritten ist aber eben auch, dass dadurch – ich habe es schon erwähnt – Lebensmittelproduktion und bisherige Bodennutzung weiter unter Druck geraten werden. Umso dringlicher wäre eben eine Flankierung durch eine nachhaltige Reform, beispielsweise durch eine andere europäische Landwirtschaftspolitik, nämlich unter ökologischen Gesichtspunkten.

(Beifall bei der LINKEN)

Nachhaltiges Wirtschaften soll Ressourcenverbrauch und die Verbesserung der Lebensqualität voneinander entkoppeln. Das ist nötig, und das ist möglich. Wie es konkret gemacht wird – Frau Ministerin, da lassen wir Sie nicht aus der Spur –, interessiert uns sehr wohl, und genau das bleibt nämlich diese Strategie schuldig. Bioökonomie soll eine biobasierte, an natürlichen Stoffkreisläufen orientierte, neue und nachhaltige Wirtschaftsform werden. – Aha! Da sagt Die Linke: Was? Eine neue Wirtschaftsform?

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Das finden Sie natürlich gut!)

Das interessiert mich aber; das ist total verlockend für mich.

(Heiterkeit der Abg. Norbert Kleinwächter [AfD] und Mario Brandenburg [Südpfalz] [FDP])

Aber natürlich geht es Ihnen gar nicht um eine neue Wirtschaftsform. Vielmehr geht es um die Nutzung biobasierter Ressourcen mittels technologischer Innovationen, die in die bisherige Wirtschaftsform eingebettet werden. Es geht also um Anpassung oder, um Ihren Worten aus der Strategie zu folgen, um Anpassung an den Markt. – No more! Damit aber noch nicht genug. Es wird sogar der Naturschutzbund wach und sagt in seiner Kritik an dieser Bioökonomiestrategie, es würde zu sehr auf Biologie gesetzt werden.

Ich zitiere: Eine nachhaltige Entwicklung erfordert jedoch kulturelle, ökonomische und institutionelle Änderungen, die nicht ohne Widerstände und Konflikte verlaufen werden. Absolut richtig.

Sie dagegen tun so, als scheitere der Übergang zu nachhaltigem Wirtschaften allein an technischen und betriebswirtschaftlichen Problemen. Nein, genau so verpuffen Chancen aus der Bioökonomie. Ins Zentrum gehören auch hier vor allem gerechte Macht-, Beteiligungsund Verteilungsverhältnisse. Unter dem wird vor allem der Klimawandel überhaupt nicht zu machen sein. Danke.

(Beifall bei der LINKEN)