Von der Forschung in die Wirtschaft

TOP 12) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts zu den Anträgen:
– Brücken bauen – Grundlagenforschung durch Validierungsförderung der Wirtschaft nahebringen (Drs. 17/1757)
– Innovationslücke schließen – Zügig ein tragfähiges Konzept zur Stärkung der Innovations- und Validierungsforschung vorlegen (Drs. 17/1958)

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– Rede zu Protokoll

Arbeitgeber- und Unternehmensverbände stellen gern Forderungen an die Politik – auch im Bereich von Wissenschaft und Forschung. Die Forschungsprämie Eins etwa geht auf eine Anregung aus diesen Kreisen zurück und kann auf Grund ihrer geringen Akzeptanz als gescheitert gelten. Eine weitere Forderung von BDI und BDA ist die derzeit diskutierte steuerliche Förderung von privaten Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen. Auch die hier verhandelte Validierungsförderung wurde von der Industrie ins Gespräch gebracht. Sie wird allerdings ebenso von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern etwa der Max-Planck-Gesellschaft unterstützt. Was also ist anders an dieser Art der Innovationsförderung?

Mit diesem Instrument soll die so genannte Validierungslücke geschlossen werden. Sie entsteht, weil die Wissenschaft auf der einen und die private Wirtschaft auf der anderen Seite unterschiedlich vorgehen. Während die Grundlagenforschung neues Wissen erarbeitet, ohne sich durch einen bestimmten Zweck einengen zu lassen, erwarten private Unternehmen einen möglichst hohen Gewinn. Erzielbar etwa durch technologische Alleinstellungsmerkmale auf dem Markt. Ergebnisse aus der Forschung sind daher für Unternehmen nur dann interessant, wenn sie bei ihrer Umsetzung möglichst wenig riskieren und einen schnellen Return on Investment erzielen können.

Von vielen Akteuren aus Wissenschaft und Wirtschaft ist die Einschätzung zu hören, dass in den Universitäten und Forschungsinstituten ein großes Potenzial an Erfindungen und Innovationen brach liege. Dieses Potenzial für kommerzielle Nutzung müsste gesichtet und so um betriebswirtschaftliche Informationen angereichert werden, dass es für Investoren attraktiv wird. Diese Aufbereitung soll die Validierungsforschung übernehmen und damit eine Scharnierfunktion zwischen dem wissenschaftlichen und dem privatwirtschaftlichen Interesse erfüllen.

Die Koalition verfolgt in ihrem Antrag nun die Absicht, den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern selbst das Geld für die Weiterentwicklung ihrer Forschungsergebnisse in die Hand zu geben. Dann soll ihnen noch ein „Innovations-Mentor“ an die Seite gestellt werden, der kraft seiner Erfahrung diese Weiterentwicklung in die richtige Richtung lenkt. Dieses Konzept erkennt jedoch gerade nicht die von mir benannten unterschiedlichen Vorgehensweisen in Wissenschaft und in Wirtschaft an. Eine Validierung von Forschungsergebnissen scheitert in der Regel nicht an finanziellen Ressourcen. Vielmehr verfügen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen oft nicht über das notwendige betriebswirtschaftliche Know-How und die Kenntnis des Marktes. Das gehört nicht zu ihrem Berufsbild und steht häufig im Widerspruch dazu. Daher fehlt es oft auch schlicht am Eigeninteresse.

Gebraucht wird also eine echte Scharnierfunktion zwischen Forschung und Markt. Die Verlängerung der Forschung bis in den Markt ist nicht erfolgsversprechend, wie die Forschungsprämie Eins bereits signalisiert hat. Daher unterstützt meine Fraktion das Konzept der SPD, das eine externe Agentur, besetzt mit wirtschaftserfahrenen Profis, vorsieht. Diese sollen für die Wirtschaft interessante Forschungsergebnisse aufbereiten. Wichtig ist dabei, dass jedoch das Recht an Erfindungen nicht in deren Besitz übergehen soll.

Ich möchte jedoch auch zum sozialdemokratischen Konzept kritische Hinweise geben: Solch einen Flop wie die Forschungsprämie können wir uns nicht noch einmal leisten. Wir haben keine Sicherheit, dass ein neues Förderprogramm die so genannte Validierungslücke tatsächlich schließt. Probieren wir die Validierungsförderung also erst einmal auf einem begrenzten Technologiefeld aus – zum Beispiel im Bereich der Biotechnologie, wo das Programm GO-Bio bereits Gründungen unterstützt. Und werten wir nach einer Einführungsphase umfassend die Erfahrungen mit dem neuen Instrument aus, bevor wir über dessen weitere Ausdehnung entscheiden.

Und der zweite Hinweis: natürlich haben auch wir LINKE ein Interesse daran, dass die Ergebnisse aus der Wissenschaft bei den Menschen ankommen – man denke nur an Impfstoffe oder neue medizintechnische Verfahren. Wissenstransfer ist gut und sinnvoll. Jedoch dar es nicht sein, dass die Unternehmen ihre Gewinnerwartung auf Kosten des Steuerzahlers abschätzen lassen – durch die öffentlich geförderte externe Agentur – und anschließend nur noch diese Gewinne einstreichen.

Wir erkennen an, dass die einzelnen Unternehmen vor einem zu großen Risiko bei der Umsetzung neuen Wissens zurückschrecken. In der Gesamtheit muss die Industrie jedoch an den Kosten für die Validierungsförderung beteiligt werden – zum Beispiel über eine öffentlich-private Finanzierung des einzurichtenden Fonds. Der Hightech-Gründerfonds hat gezeigt, dass ein solches Konzept funktionieren kann. Wirtschaft und Arbeitgeber sollten auf diese Weise zeigen, dass mit der Forderung an die Gesellschaft auch die Übernahme von Verantwortung verbunden ist.