Forschung zu armutsbedingten Krankheiten weiter ausbauen!

TOP 15 a) Antrag der Abgeordneten der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten der Fraktion der FDP: Forschung und Produktentwicklung für vernachlässigte und armutsassoziierte Erkrankungen stärken (Drs. 17/8788)
b) Antrag der Abgeordneten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das Menschenrecht auf Gesundheit umsetzen – Zugang zu Medikamenten weltweit verwirklichen (Drs. 17/8493)

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-Rede zu Protokoll-

Sehr geehrte Damen und Herren, die Koalition hat gekreißt und einen Zwerg geboren. Den „Forschungszwerg Deutschland“ nämlich. So bezeichnet die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ unser Land nach einer Analyse der deutschen Forschungsförderung zu vernachlässigten und armutsbedingten Krankheiten.

Die Bundesregierung hat sich in den vergangenen Jahren zaghaft diesem Thema genähert und eine erste Initiative etwa zur Förderung von Produktentwicklungspartnerschaften mit NGOs und Industrie gestartet. Lang hat es gedauert und ohne den Druck von uns und den anderen Oppositionsfraktionen wäre wohl gar nichts passiert.

Diese begonnenen Maßnahmen sollen nun, so der Koalitionsantrag, verstetigt werden. Das ist gut und unterstützenswert, reicht aber angesichts der Problemdimension längst nicht aus. Der Forschungsreport von „Ärzte ohne Grenzen“ kommt denn auch in seiner Analyse zu einem ernüchternden Ergebnis, ich zitiere: „Die Steigerung der Mittel ist zunächst einmal durchaus erfreulich, jedoch belegt sie leider keinen Politikwechsel. Sie liegen lediglich im Rahmen der derzeitigen Wachstumsraten der Forschungsausgaben in Deutschland.“

Diese Einschätzung lässt sich an Beispielen verdeutlichen. Die neue Förderung für die Produktentwicklungspartnerschaften etwa haben wir LINKE immer unterstützt. „Ärzte ohne Grenzen“ lobt sie ebenfalls, stellt die 22 Millionen Euro für vier Jahre bis 2014 aber auch ins Verhältnis zu den 70 Millionen Euro, die etwa die Niederlande für diesen Zeitraum zur Verfügung stellen. Für die Tuberkuloseforschung gab Deutschland 2009 inklusive der EU-Mittel etwa 15 Millionen Euro aus, die USA hingegen 181 Millionen, Großbritannien immer noch 33,2 Millionen. Der deutsche Beitrag zur Bekämpfung vernachlässigter Krankheiten steht in keinem Verhältnis zu unserer Wirtschaftskraft. Selbst das Niedrigsteuerland USA wendet gemessen am Bruttoinlandsprodukt zehnmal mehr auf!

Vom europäischen Ziel, bis 2015 0,7 Prozent des BIP zur Förderung der Entwicklungszusammenarbeit auszugeben, ist unser Land weit entfernt! Auch bei den nichtmonetären Maßnahmen bleibt die Koalition hinter dem Notwendigen zurück. Zum Umgang mit Patenten und anderen Wissensgütern, die in der Forschung erarbeitet werden, finden wir keine Aussage im Koalitionsantrag. Meine Fraktion hat vorgeschlagen, internationale Patentpools zu unterstützen sowie eine gerechte Lizenzpolitik zur verbindlichen Voraussetzung einer öffentlichen Förderung zu machen. Wir haben Sie aufgefordert, EU-Handelsabkommen wie etwa ACTA oder das EU-Indien-Abkommen nicht zu unterzeichnen, wenn der Zugang zu Medikamenten dadurch beeinträchtigt werden könnte. Leider steht diese Regierung weiter zu ACTA! Wir wollen ärmere Länder beim Aufbau einer eigenen Generikaproduktion unterstützen. Auch zu dieser Frage haben Sie leider keine Antwort gegeben.

So sehr ich das Engagement einzelner Kolleginnen, etwa von Frau Hübinger auch schätze: diese Koalition tut nicht genug, um ihren Anteil zur Bekämpfung vernachlässigter und armutsbedingter Krankheiten beizutragen. Wir werden Ihren Antrag nicht ablehnen, aber um vom Forschungszwerg zum Forschungsriesen zu werden, müssen Sie nicht nur Schwerpünktchen, sondern einen echten Schwerpunkt setzen.