Kultur und Wissenschaft bedürfen konstruktiver Gestaltungspolitik statt einfallsloser Kürzungsorgien

Eine Landesregierung beschließt, sich beraten zu lassen: Sie initiiert einen Kulturkonvent und bittet den Wissenschaftsrat um Evaluierung. Beide Gremien geben umfangreiche Empfehlungen zur Profilierung der Kultur- und Hochschullandschaft Sachsen-Anhalts.

Aus diesen Empfehlungen ist jeweils klar abzuleiten, wie wichtig Kultur und Wissenschaft für Lebens- und Beschäftigungsperspektiven in diesem Land sind. Sinn- und identitätsstiftend prägen Kultur und Wissenschaft das Zusammenleben. Ebenso eindeutig ist auch, dass dies in kluger politischer Verantwortung gestaltet werden muss.

Diesen Gestaltungsprozess mit Kürzungen zu beginnen, widerspricht den Empfehlungen ebenso wie den Interessen der Menschen in diesem Land. Daher müssen die großen Protestdemonstrationen sehr ernst genommen und berücksichtigt werden.

Landesregierung und Landtag müssen die Inhalte der Empfehlungen werten und Prioritäten setzen. Erst danach muss über notwendige Mittel aus dem Landeshaushalt entschieden werden.

Besonders dramatisch ist, dass die Akteure in Kultur und Wissenschaft seit Jahren die Kürzungspolitik mit prekären Beschäftigungen ertragen und dennoch mit ihren Leistungen das Land attraktiver gestalten.

So wurde in Halle eine Theater-, Oper- und Orchester-GmbH gegründet. Auf Basis von Haustarifen hat ein Vielzahl von MitarbeiterInnen auf ca. 10 Prozent des Einkommens verzichtet. Wenn nun also das Land tarifgerechte Bezahlung und die Abschaffung von Haustarifverträgen im Kulturbereich fordert, dann widerspricht auch das den angekündigten Kürzungen. Will man keine Entlassungen in erheblichen Größenordnungen und Qualitätsverluste auslösen, dann muss auch die Landeszuweisung sach- und tarifgerecht erfolgen. Den A-Status eines Orchesters auf B-Niveau eindampfen zu wollen, widerspricht dem sonst formulierten Exzellenzanspruch und ist in absehbarer Zeit nicht wieder korrigieren. Durchschnittswerte anderer Bundesländer zu erreichen, bringt keine Alleinstellungsmerkmale hervor!

In den Stadträten der von den Kulturkürzungen betroffenen Kommunen ist man sich einig, dass städtische Kulturpolitik, welcher letzten Endes nämlich die Umsetzung obliegt, nicht durch zeitliche Ultimaten erpresst werden darf. Und man ist sich auch darin einig, dass Abbau- oder Insolvenzvorstellungen, wie sie jetzt im vorauseilenden Kürzungsgehorsam durch den Oberbürgermeister von Halle angekündigt wurden, inakzeptabel sind. Mithin müssen vor allem die Betroffenen endlich gehört werden.

Wie die Oberbürgermeister von Magdeburg und Dessau, so sollte auch Oberbürgermeister Wiegand gemeinsam mit Stadtrat und Beschäftigten der Kultur-GmbH alles unternehmen, um die LandespolitikerInnen bei den Haushaltsberatungen zu einem Umdenken zu bewegen.

Schließlich hat dieses Thema auch den Bundestagswahlkampf geprägt. DIE LINKE hat sich von Anfang an gegen die Kürzungspolitik der Landesregierung gewandt und versucht, die Impulse aus der Protestbewegung in den Landtag durch konstruktive Vorschläge, wie die Einnahmen des Landes erhöht und Kürzungen verhindert können, aufgenommen. Zwischenzeitlich haben sich ausnahmslos alle Bundestagskandidaten gegen die Kürzungen ausgesprochen. Und das ist gut so.