Mai-Kolumne: In Berlin und (H)alle dabei – Oh, wie schön kann Halle sein

Tja, das war ja mal ein Ding, als ich letztens vor dem Linken Laden eine seltsame kleine Uhr entdeckt habe, die da verlassen auf dem Boden gelegen hat. Sie war nicht kaputt, oder so. Vermutlich hat sie jemand dort verloren oder vergessen. Als ich sie mir näher ansah, musste ich feststellen, dass sie ein ungewöhnliches Ziffernblatt besaß. Anstelle der Stunden zeigte sie Jahre an – und zwar die zukünftigen Jahre. Neugierig drehte ich an den Zeigern und stellte die Uhr auf 2024, also fünf Jahre in der Zukunft, ein. Plötzlich begann die kleine Uhr in meinen Händen zu summen und die Zeiger drehten sich in irrwitziger Geschwindigkeit, bevor sie erneut auf der von mir eingestellten Zahl stehenblieben. Verwundert sah ich mich um. Der Linke Laden sah auf einmal so anders aus. Er hatte einen Anbau und Sitzplätze vor dem Haus. Ein munteres Kommen und Gehen herrschte und der Laden war voller Besucher*innen. Viele von ihnen kannte ich gar nicht. Sie schienen keine Genoss*innen zu sein, sondern normale Bürger*innen der Stadt, die dort ein Schwätzchen hielten und fair gehandelten Kaffee tranken. Ich setzte mich zu ihnen und sie erzählten mir, wie schön es hier doch mittlerweile sei. Der Linke Laden sei ein Treffpunkt für Bürger*innen geworden. Seit Oberbürgermeister Hendrik Lange und der rot-rot-grüne Stadtrat die Stadt gestalten, habe sich vieles verbessert, sagte man mir.

Das wollte ich genauer wissen und vor allem sehen, also machte ich mich auf zu einem Spaziergang. Tatsächlich hat sich einiges verändert. Als leidenschaftliche Radfahrerin fiel meinem geschulten Blick sofort auf, dass die Radwege in einem Top-Zustand waren. Auch die Gehwege waren keine Stolperfallen mehr und Autos parkten in Parkbuchten und auf vorgesehen Plätzen, statt Fuß- und Radwege zu verstellen. Generell war es viel ruhiger in der Stadt, da wesentlich weniger Autos unterwegs waren. Vorbeikommende Passant*innen berichteten mir, das läge an der autofreien Altstadt und dem neuen Parksystem. Außerdem sei der Öffentliche Personennahverkehr nun kostenfrei für Bürger*innen der Stadt und da nutze man doch nun viel lieber die Straßenbahn, die, klimatisiert und gut getaktet, viel schneller von A nach B bringe, als früher das Auto. Und es gäbe mittlerweile überall Fahrrad-Ausleihstationen und Fahrrad-Parkhäuser, sodass sich Halle allmählich zu einer Fahrradstadt entwickelt. Als sie mir das so erzählten, bemerkte ich in ihren Händen To-Go-Becher. Auf meine Nachfrage, ob es die denn immer noch gäbe, erntete ich belustigte Blicke. Natürlich gäbe es die immer noch. Mittlerweile gibt es nämlich keine Wegwerfbecher mehr und die frisch gekürte Fair-Trade-und-Umwelt-Stadt sei damit auch viel sauberer.

Ich bedankte mich und lief weiter in Richtung Altstadt, die tatsächlich autofrei war – und grüner! Was ist denn mit dem Marktplatz geschehen? Da stehen ja Bäume! Ich traute meinen Augen kaum und schlenderte erst einmal über den Boulevard. Überall entdeckte ich kleine Läden, Cafés und Boutiquen mit allem möglichen Warenangebot. Die großen Ketten waren zwar immer noch da, doch die Auswahl ist durch die kleineren Geschäfte deutlich vielfältiger geworden. Das lockte offenbar auch die Menschen an, die hier fleißig bummelten. Auch der obere Boulevard war so belebt wie lange nicht mehr. Bis hoch zum Riebeckplatz ließen sich zahlreiche Cafés und Geschäfte entdecken. Die baufälligen Häuser waren nicht mehr von Gerüsten verdeckt, sondern erstrahlten im neuen Glanz. Auch der sonst eher als Durchgangspassage genutzte Riebeckplatz war nun zur Einkaufsmeile geworden.

Ich ging weiter zum Stadtpark und ließ mich dort auf einer Bank nieder. Da sprach mich jemand an, der mich erkannte, grüßte mich und setzte sich zu mir. Wir kamen ins Gespräch. Er erzählte mir, dass er seit einem Jahr in Halle wohne und es hier sehr schön findet. Seine Familie sei hierher gezogen, weil sie kleine Kinder haben und in Halle nun alle Schulgebäude saniert, technisch super ausgestattet und barrierefrei seien. Der Jüngste in der Familie sei nämlich auf zusätzliche Betreuung angewiesen und fühle sich in seiner inklusiven Klasse pudelwohl. Die Familie, so erzählte es mir der Mann, lebe in dem grünen Pilotprojekt-Viertel wo es keine Autos gäbe und die Häuser alle begrünt und klimagerecht saniert worden seien. Die Nahverkehrsmittel seien prima erreichbar, genauso wie ein schöner neuer und sauberer Spielplatz für die Kinder. In allen Stadtteilen hätten sich kleine Zentren gebildet. Dort pulsiere nun überall das Leben, da Gastronomie und Einkaufsmöglichkeiten nicht mehr nur im Stadtzentrum zu finden seien. Außerdem gibt es überall freies W-LAN. Halle habe sich zu einer so attraktiven Stadt entwickelt, dass nun alle, jung und alt, hier leben wollen. Leerstehende Wohnhäuser mussten entsprechend saniert und neue gebaut werden. Dabei wurde von der Stadt ganz selbstverständlich darauf geachtet, dass keine soziale Entmischung stattfindet, sondern sozialer Wohnungsbau und bezahlbare Wohnungen in allen Stadtteilen vorhanden sind. Der Zuwachs in Halle hat sich auch positiv auf die Wirtschaft ausgewirkt. Es entstanden neue Arbeitsplätze zu fairen Löhnen und die Menschen kommen nun her, statt von hier weg zu wollen.

Endlich sei auch ausreichend Geld für die Kultur da. Die freie Theaterszene zum Beispiel, sei ein so fester Bestandteil der Stadt geworden, dass die Hallenser*innen gar nicht mehr auf sie verzichten wollen. Das gelte auch für die vielen Angebote an Kinder- und Jugendprojekten, oder an Bildungsangeboten, Vereinen, Initiativen und Gruppen. Da fiel meinem Gesprächspartner noch ein, dass auf dem Steintor-Campus ein großes Fest gefeiert werde. Der Anlass sei der Auszug der Identitäten Bewegung. Halle ist eine Stadt von Gutmenschen im Besten Sinne geworden. Rechte Parolen und Hass haben schon lange keine Chance mehr. Die IB ziehe nun Leine und nimmt das restliche Pack mit. Das muss ordentlich gefeiert werden und die Hallenser*innen helfen gerne beim Auszug, damit es schneller geht. Es soll sogar eine kleine Parade und Eskorte geplant sein. Sehr schön, sehr schön. Das freut mich doch zu hören. Nun verabschiede ich mich auch von diesem netten Gesprächspartner und mache mich wieder zurück zum Linken Laden.

Auf dem Weg dorthin fielen mir die Wahlplakate auf, die an den Laternenpfosten hingen. Die Kommunalwahl stand wieder an und bis auf die Farbe Blau sind alle Farben des Regenbogens zu sehen. Das scheint eine vielversprechende Wahl zu werden. Vor dem Linken Laden angekommen nahm ich noch einmal die kleine Zeitreise-Uhr in die Hand, stellte sie auf 2019 ein und reiste zurück in die Gegenwart. Wieder im Heute angekommen sah ich die fleißigen Wahlkämpferlein motiviert und etwas gestresst im Linken Laden wuseln. Ich musste grinsen, da ich wusste, dass alles gut werden wird. Die kleine Uhr legte ich wieder dorthin zurück, wo ich sie gefunden hatte, schnappte mir meinen roten Kuli und machte mich auf ins Briefwahlbüro. Der Blick in die Zukunft ließ es mich kaum erwarten, mein Kreuzchen zu setzen.

Am 26. Mai sind Kommunal- und Europawahlen in Halle. #GehtWählen und gestaltet eure und die Zukunft eurer Stadt mit!