Rede: Corona-Krise zeigt die Bedeutung sozialer Innovationen

164. Sitzung Berlin, Freitag, den 29. Mai 2020 TOP 30 Soziale Innovationen

Dr. Petra Sitte (DIE LINKE): Meine Damen und Herren! Zunächst will ich denjenigen, die sich hier gerade so stolz auf die Brust klopfen, sagen, dass Die Linke bereits 2012 einen Antrag zu sozialen Innovationen eingebracht hat – der Zeit also voraus, Herr Sattelberger.

(Beifall bei der LINKEN)

2014 legte das Forschungsministerium ein eigenes Forschungsprojekt zu sozialen Innovationen auf. Fazit damals: Es müsse noch viel getan werden, um tradierte Strukturen der Verwaltung und der öffentlichen Finanzierung aufzubrechen. Auch das von der Bundesregierung selbst eingesetzte Beratungsgremium „Hightech-Forum“ forderte erst vor Kurzem ein breiteres Innovationsverständnis; also: Nicht nur technische bzw. technologische Entwicklungen können innovativ sein – so wie es die Kollegen auch schon gesagt haben. Auch andere gesellschaftliche Bereiche wie Arbeit, Kultur, Bildung, Gesundheit, das Zusammenleben in städtischen oder eben auch in ländlichen Regionen verändern sich durch soziale Innovation massiv: einerseits zwar mit zähen Impulsen aus staatlichen Strukturen und Verwaltungsstrukturen heraus, andererseits, und zwar viel dynamischer, verändern das Menschen selbst, ob im Ehrenamt oder in neuen Geschäftsmodellen.

Alltagswissen, Bedarfe, Bedürfnisse grundieren gewissermaßen genau diese sozialen Dienstleistungen. Und vor diesem Hintergrund hat sich erfreulicherweise in den letzten Jahren eine sehr lebendige soziale Unternehmerschaft herausgebildet, die unserer Unterstützung bedarf und auch bekommen soll. Nicht alles, meine Damen und Herren, muss der Staat machen. Aber nicht alles richtet der Markt. Dazwischen bewegen sich also die kooperativen Geschäftsmodelle mit gemeinwohlorientierter Ausrichtung. Da winkt nicht das große Geld, wie die Kollegin schon gesagt hat. Viele Social Entrepreneurs arbeiten im Non-Profit-Bereich. Gesellschaftliche Wirkungen zu erzielen, ist ihnen viel wichtiger als Rendite, und das können Sie nachlesen im letzten Monitor der Sozialunternehmen von 2019. Meine Damen und Herren, gerade die letzten Monate haben uns gezeigt, was in dieser Gesellschaft wirklich zählt, was wirklich gebraucht wird. Und genau da zeigt sich auch, wie wichtig soziale Innovationen sind. Und die vielen Milliarden, die Sie jetzt gegen die Folgen der Coronapandemie auflegen, sollten daher einer nachhaltigen, sozial-ökologischen Veränderung dieser Gesellschaft dienen. Sie gehen aber in Ihrem Antrag – das muss ich ausdrücklich kritisieren – von lediglich 13,5 Millionen Euro aus. Damit bleibt der Antrag – so erfreulich er grundsätzlich ist; auch wenn in der Hälfte der Punkte Prüfaufträge verteilt werden – am Ende doch wirkungslos. Und das finden wir nicht akzeptabel.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linke unterstützt die kooperativen Ansätze und die neuen Beteiligungsprozesse ausdrücklich. Jene, die schon in diesem Sinne handeln, eben Social Entrepreneurs, werden gebraucht in dieser Gesellschaft. Wir fordern daher in unserem Antrag einen Fonds für soziale, gemeinnützige und gemeinwohlorientierte Innovationen. Dieser könnte dann zugleich helfen – was der Kollege am Anfang gesagt hat –, dass es auch nach der Coronakrise noch Social Entrepreneurs gibt. Wir jedenfalls wollen sie nicht verlieren.

(Beifall bei der LINKEN)