In Berlin und (H)alle dabei – Proud to be queer

Der kanadische Schauspieler Elliot Page outet sich öffentlich als trans*-Person. Unter seinem alten weiblichen Namen wurde er über den Film Juno oder Serien wie The Umbrella Academy bekannt. Doch dieser Name ist nun sein Deadname. So lautet der Begriff für den abgelegten Vornamen. Sein Name ist Elliot und er möchte mit den Pronomen he/they angesprochen werden.

Was ist trans*? Als trans* werden Menschen bezeichnet bzw. bezeichnen sich Menschen, deren Geschlechtsidentität sich von dem Geschlecht unterscheidet, mit dem sie geboren wurden, aber feststellen, dass sie einem anderen Geschlecht zugehören, als dem ihnen zugeschriebenen.

Elliot Pages Coming Out schlug große Wellen und wird viel diskutiert. Die taz bemerkt dazu:

Auch heutzutage gilt, wer heterosexuell und cis ist, sich also mit dem Geschlecht identifiziert, das einem bei der Geburt zugewiesen wurde, als „normal“. Alle andere Formen von Sexualität und Geschlechtsidentitäten werden als „anders“ markiert. Wer von der Norm abweicht, erfährt Diskriminierung. Und während wir als Gesellschaft zwar in bestimmten Aspekten Fortschritte verzeichnen können, ist die strukturelle Diskriminierung von trans Personen noch immer gewaltig.“

Diskriminierung von trans* Personen zeige sich in der Gesetzgebung und in der Öffentlichkeit. Sie werden beschimpft, mit Gewalt bedroht, angegriffen und getötet, gleichzeitig aber auch gern zur Image-Politur als Propagandamittel missbraucht, um dem eigenen Medienformat oder Produktprofil eine Staubschicht Diversität zu verleihen. Es ist auch Diskriminierung, wenn Medien und öffentliche Personen wider besseren Wissens falsche Pronomenzuordnungen oder gar Deadnames verwenden, wie es auch im Falle von Elliot Page der Fall ist. Selbst öffentlich-rechtliche und einflussreiche privatrechtliche Printmedien und TV-Sender verhielten sich hier unsensibel, was nicht mit einem menschlichen Versehen entschuldbar wäre. Diskriminierung von trans* Personen kommt auch in Teilen der eigenen queeren Communitiy und bei manchen Feminist:innen vor, weil sie die Rechte von cis Frauen oder generell ihre eigenen cis Privilegien bedroht sehen. Nicht zuletzt sorgte auch die Harry-Potter-Autorin J. K. Rowling mit ihren transphoben Äußerungen und Likes auf Twitter für Aufsehen.

Unsere Gesellschaft ging bisher nur von einem binären und heteronormativen Geschlechtsmodell aus. Das heißt, die Gesellschaft akzeptierte lediglich die Begriffe männlich / weiblich und erklärte Heterosexualität zur Norm. Dass es aber Menschen gibt, die sich den beiden ‚klassischen‘ Geschlechtern nicht zuordnen können oder wollen, dass es Menschen gibt, deren sexuelles Interesse nicht zwangsläufig dem ‚anderen Geschlecht‘ gilt, fällt immer noch vielen Menschen schwer zu verstehen und zu akzeptieren. Die Folgen beschreibt die Antidiskriminierungsstelle des Bundes wie folgt:

„Es führt zur Ausgrenzung derjenigen Menschen, deren Geschlecht, Geschlechtsidentität oder Geschlechtsausdruck nicht den sozialen Erwartungen entspricht, und hindert sie an der freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit.

Daraus resultiert eine strukturelle Diskriminierung von trans* Personen, die sich in der standardisierten medizinischen Diagnostik und Behandlung sowie im bundesdeutschen Transsexuellengesetz (TSG) manifestiert: Transsexualität wird in Deutschland als psychische Krankheit (Geschlechtsidentitätsstörung) gewertet. Eine Änderung des Namens, Personenstands oder des Geschlechts setzt nach den bestehenden rechtlichen Regelungen des Transsexuellengesetzes eine Begutachtung durch Sachverständige voraus. In der Praxis ist dies ein sehr langwieriges und strenges Diagnoseverfahren.“

Für die Betroffenen stellt es auch eine Belastung dar, sich immer wieder vor verschiedenen Sachverständigen erklären und von ihnen begutachtet werden zu müssen, um endlich offiziell als die Menschen leben zu können, die sie sind. Die medizinischen Behandlungen mit dem Ziel einer Körperveränderung seien langwierig und richten sich kaum nach den Bedürfnissen und Wünschen der trans* Personen. Hier sieht die Antidiskriminierungsstelle noch Entwicklungspotenzial.

Die Offenheit zur eigenen Geschlechtsidentität oder auch zur eigenen sexuellen Orientierung braucht nach wie vor Mut und Role Models, also (meist prominente) Vorbilder, um in der Gesellschaft endlich voll akzeptiert und nicht mehr als Abweichung von der Norm betrachtet zu werden, macht die Süddeutsche Zeitung auch am Beispiel der US-Schauspielerin Kristen Stuart deutlich. Noch vor wenigen Jahren sei ihr geraten worden, sich nicht Händchen haltend mit ihrer Freundin in der Öffentlichkeit zu zeigen, um sich die Möglichkeit auf lukrative Filmangebote nicht zu verbauen. Stuart und Page zählen heute zu den Role Models, die ihre queere Identität offen leben und damit anderen Mut machen und ihnen zeigen, dass queer zu sein nichts Anormales ist. Proud to be queer! Und dennoch sind auch solche Vorbilder nicht vor Hass und Diskriminierung geschützt. Darum müssen wir weiterhin gemeinsam gegen Transphobie einstehen und für die Selbstbestimmung und Wahrung der Menschenrechte von trans* Personen kämpfen. Diskriminierungen wie langwierige und entwürdigende Begutachtungsverfahren müssen aufgehoben werden, damit alle Menschen ihren Personenstand und Namen frei wählen können und medizinische und psychologische Leistungen sichergestellt werden. Trans* Personen gehören zu unserer vielfältigen und bunten Gesellschaft, in der es eben nicht nur männlich und weiblich, hetero gibt, sondern viel mehr. Elliot Page ist durch sein Coming Out ein Vorbild für viele geworden, die selbst von Diskriminierung betroffen sind, weil sie sich ihrer Geschlechtsidentität nicht sicher sind oder diese angeblich nicht einer sogenannten Norm entspricht. Er ist eine weitere laute Stimme im Kampf um Gleichberechtigung und gegen Hass. Proud to be queer!