Zusammen mit unserer digitalpolitischen Sprecherin Anke Domscheit-Berg habe ich unsere Kleine Anfrage zum Einsatz von KI und Bundesbehörden in diesem Jahr zum zweiten Mal gestellt. Wir wollten wissen, ob die Bundesregierung mittlerweile verantwortungsbewusster mit dem Einsatz von KI in Behörden umgeht und ihre Forschungsförderungen stärker auf das Gemeinwohl ausrichtet. Vorweg: Sie tut es nicht.
In der KI-Strategie von 2018 versprach die damalige Bundesregierung, Deutschland zu einem führenden Standort für KI zu machen – der Kurs der damaligen Strategie wird von der neuen Bundesregierung weitestgehend gehalten. Leider, möchte ich fast sagen, denn die Strategie setzte damals schon die aus meiner Sicht falschen Schwerpunkte. Daher fragen wir die Bundesregierung regelmäßig danach, wie sie KI einsetzt und die weitere Forschung fördert. Nun kam die Antwort auf unsere diesjährige Kleine Anfrage. Wie auch schon im Jahr zuvor werden nicht alle Kosten ausgewiesen und nicht alle Zwecke sind eindeutig zu erkennen, so dass die Werte für die Forschungsförderung nur annähernd bestimmt werden können.
Verwaltung und Bildung? Fehlanzeige
Unter anderem sollte KI die Verwaltung schneller und effizienter machen – unsere Kleine Anfrage zeigt, dass mittlerweile ca. 100 KI-Projekte oder Anwendungen in Behörden eingesetzt werden. Im Vergleich zur letzten Anfrage wurden mehr als die Hälfte der Anwendungen gestoppt und neue eingeführt – warum die Projekte ausliefen und neue eingeführt wurden, was das insgesamt kostet und was es der Verwaltung gebracht hat, geht aus der Antwort der Bundesregierung nicht hervor. Von einer Verbesserung der Verwaltung ist jedenfalls nichts berichtet worden, trotz Investitionen in mindestens Millionenhöhe (die Kosten werden leider nicht einzeln ausgewiesen, erkennbar ist allerdings ein großer Schwerpunkt im BAMF und im BMVg– und es ist ein Skandal, dass ausgerechnet die Informationen zu KI im Sicherheitsbereich dieses Jahr unter Verschluss bleiben.
Nicht einmal wenig investiert wurde im letzten Jahr mit etwa 60 Millionen Euro auch in die Aufklärung und Befähigung der Zivilgesellschaft – das Zentrum für vertrauenswürdige Künstliche Intelligenz erhielt dabei viel zu wenig Mittel, um wirklich in der Breite zu wirken und nennenswert Menschen zu erreichen, und der KI-Campus ist schlicht in der Öffentlichkeit kaum, bzw. gar nicht bekannt; trotz Teil der KI-Strategie und seit 2020 steigender Investitionen. Seit Jahren dominieren daher technikoptimistische und ökonomisch motivierte Narrative die öffentliche Meinungsbildung zu KI: KI ist innovativ, alternativlos, unterstützt Menschen und sichert den Standort Deutschland. Konstruktiv-kritische Diskurse bleiben weitestgehend der Wissenschaft, der Netzpolitik-Szene oder Dystopien vorbehalten. Der größte erkennbare Posten zum Thema Bildung geht an die Weiterbildungsplattform NOW mit 30 Millionen Euro, in den kommenden Jahren sollen auch die Investitionen in den KI-Campus deutlich steigen. Hoffentlich machen sie was draus.
Forschungsförderung: Wo ist der Fokus auf den Klimaschutz?
In der diesjährigen Antwort der Bundesregierung werden insgesamt mehr als 400 Forschungsprojekte (im Vergleich zu 141 aus dem Vorjahr!), 51 Pilotprojekte und 10 Reallabore aufgeführt. Wir haben erneut analysiert, welche Projekte über die Gesamtlaufzeit und pro Jahr die höchsten Förderungen erhalten haben und das Bild stellt sich bei aller bei Unschärfe der Kosten und Zuordnungen wie folgt dar:
So entfällt etwa ein Fünftel der Vorhaben auf gemeinwohlorientierte Forschungsförderung mit etwa 240 Millionen Euro, auf die wirtschafts- oder industrie-orientierte Forschung hingegen 500 Millionen in zwei Fünftel der Projekte. Der übergeordneten oder Grundlagenforschung fallen 660 Millionen in den letzten beiden Fünfteln der Projekte zu. Damit ergibt sich zwar eine starke Ausstattung des Sektors Gemeinwohl, aber er bleibt unterrepräsentiert.
Tatsächlich können wir aus der neuen Antwort eine breitere Förderung ablesen und der Schwerpunkt auf Mobilität ist nicht mehr so dominant wie noch im letzten Jahr.
Im letzten Jahr fand sich auf den vorderen Plätzen noch das Ministerium für Umwelt mit „KI-Leuchttürmen für Umwelt, Klima, Natur und Ressourcen“ mit einer Fördersumme in Höhe von 119 Millionen Euro. Dieses Jahr steht mit der höchsten Fördersumme das Höchstleistungsrechnen an der Spitze mit 133 Millionen Euro. Vollmundig waren und sind doch die Versprechen, dass KI uns beim Klimaschutz helfen kann – bisher macht KI aber vor allem Schlagzeilen mit dem eigenen Energieverbrauch. Hier wünsche ich mir einen eindeutigeren Fokus auf den Klimaschutz, denn uns läuft die Zeit davon.
Das größte gemeinwohlorientierte Projekt ist dann erst die Civic Innovation Platform mit 33 Millionen Euro. Wobei dies etwas mehr Gemeinwohl versprechen könnte, als am Ende vielleicht drin ist, denn förderfähig sind insbesondere Projekte mit Bezug zu Arbeitsprozessen – die am Ende den Unternehmen mehr zugutekommen könnten als den Beschäftigten.
Umgerechnet auf die Laufzeit profitiert die Förderung von KI in KMU am meisten, dann folgt wieder das Höchstleistungsrechnen und die Civic Innovation Platform kommt an Platz 5. Mehr als 200 Projekte erhielten weniger als eine Million Euro, das sind im Vergleich zum letzten Jahr anteilig etwas weniger.
Immerhin war schon in der Strategie auch davon die Rede, dass die Rahmenbedingungen in Forschung und Lehre verbessert werden müssen, um Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu gewinnen und zu halten. Das Drama um das Wissenschaftszeitvertragsgesetz hat gezeigt, dass die neue Bundesregierung hier (noch) nicht geliefert hat.
Immerhin: Weil Dinge gern Namen bekommen, lädt die Namensgebung einiger Projekte zum Schmunzeln ein. Da gibt es den „Rinderinnovationshub“ für effiziente Forschung, praxisnahe Weiterentwicklung und nachhaltigen Wissenstransfer von Methoden des „Digital Farming“, und „happychicken“ zur Erkennung des Wohlbefindens von Hühnern anhand der Körperhaltung. Beim „SPION“ geht es ganz unverdeckt um Naturholzprodukte, über „HARMLESS“ lässt man uns um Unklaren, aber es wird wohl – wieder Name sagt – harmlos sein. Hoffentlich hatten die Beteiligten viel Freude dabei.
Wie wird es weitergehen – Wann tut die Ampel, was sie sagt?
Die Bundesregierung steht erst am Anfang ihrer KI-Investitionen – das zeigt auch der Blick in die noch geplanten Ausgaben. Bis 2025 sollen noch etwa 1,5 Milliarden für Projekte aus der KI-Strategie ausgegeben werden. Details dazu sind allerdings noch nicht bekannt, da Finanzminister Lindner noch nicht einmal Eckpunkte der Haushalts-Planung bekannt gegeben hat. Weder wir noch die Projekte als Empfänger der Fördermittel wissen derzeit, ob es neue Kürzungen gegeben hat oder geben wird.
Neben der Verteilung der Fördermittel bleibt aber auch spannend, wie sich die Bundesregierung inhaltlich positionieren wird. Nicht nur in der Bundesregierung, sondern im ganzen Land wird schon länger mit KI experimentiert, ohne jede Regulierung. Und auch jetzt fehlen wieder bei etwa einem Drittel der Anwendungen die Risikoklassifizierungen. Auf welcher Basis die Einschätzung zustande kommt, dass die geprüften Anwendungen alle nur ein geringes Risiko haben, ist nicht bekannt.
Zu den Auskünften, dass gemeinsam mit den Ländern Projekte und Entwicklungen in Schule und Hochschule in der Umsetzung sind, werden wir weitere Nachfragen stellen.
Schließlich wird in Brüssel aktuell noch die KI-Verordnung ausgehandelt. Beim Thema Gesichts-erkennung haben wir es schon mit einem handfesten Bruch des Koalitionsvertrags zu tun.
Ich fordere die Bundesregierung auf, zuverlässige Prüfverfahren durch Dritte für Hochrisiko-Anwendungen einzuführen, bevor diese auf den Markt kommen.
Weiterhin brauchen wir breite Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen, damit alle Mitglieder der Gesellschaft verstehen, wie KI funktioniert und wo ihre Grenzen liegen. Außerdem erwarte ich von der Bundesregierung einen verantwortungsvollen Umgang mit KI, die einen Fokus auf die Förderung des Gemeinwohls haben. Eine gezielte Forschungsförderung wäre hierfür der richtige Schritt. Alle Anwendungen, die die Bundesregierung schon jetzt in Behörden einsetzt, müssen auch rückwirkend mindestens nach den Standards der KI-Verordnung reguliert werden. Angesichts der Vielzahl an Anwendungen, die jetzt schon in Behörden laufen, muss und darf die Bundesregierung nicht auf die KI-Verordnung warten, sondern muss schon jetzt Maßnahmen ergreifen, wenn sie ihr Versprechen des gesellschaftlich verantwortungsvollen Einsatzes von KI halten will.
Meine Fraktion und ich beobachten im Bereich KI aufmerksam, was die Ampel einerseits sagt und was sie andererseits wirklich tut.