Rede: Kürzungsrunde zu Lasten der Verwundbarsten

Redemanuskript zur Rede am 07. September 2023 zum Haushalts-Einzelplan 30 – Bildung und Forschung

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Man muss es klar sagen: Bildung und Forschung haben in dieser Koalition keine Priorität. Es ist ein Trauerspiel.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Thomas Jarzombek
[CDU/CSU]: Leider, leider!)

Sie wollten Fortschritt wagen. Aber Sie kürzen bei Bildung und Forschung um fünf Prozent; fünf Prozent in reinen Zahlen bedeuten infolge der Inflation aber mehr als zehn Prozent.

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Richtig!)

Echte Investitionen in Zukunft und Fortschritt sehen anders aus.

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Das stimmt!)

Selbst der Bundesrechnungshof, bekanntlich kein Freund großer Ausgaben, nennt den Rückgang der Ausgaben für Bildung und Forschung einen „Weckruf“. Dem können wir nur zustimmen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Was war denn da auf den FDP-Plakaten vor der letzten Bundestagswahl zu lesen? „Deutschland wird im Klassenzimmer entschieden“.

(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Aha!)

Sie wollten – ich zitiere – „jedem Kind beste Bildung und Aufstiegschancen ermöglichen“. So weit der Plan. Stattdessen müssen wir in diesem Land über Kinderarmut, über arme Familien reden und damit eben auch über Bildungsarmut. Mit diesem Haushalt werden weder Kinderarmut noch Bildungsarmut wirksam bekämpft.

(Beifall bei der LINKEN)

Und das wiederum ist ein Armutszeugnis für diese Ministerin. Und sagen Sie bitte nicht, das sei reine Ländersache. Nein, erst gestern hat ein Regierungsvertreter hier ganz klar gesagt: Bildung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

(Beifall bei der LINKEN)

Also haben wir alles zu tun, um Bildungserfolge zu ermöglichen. Aber das tun Sie nicht, im Gegenteil.
Auch ich komme auf das BAföG. Die größte Kürzung findet nämlich dort statt. Eine sozial-liberale Koalition hat es eingeführt. Damit verbunden war ein Aufstiegsversprechen. Heranwachsende aus ärmeren Familien sollten mehr Bildungschancen bekommen. Aber was passiert? Die Ampel lässt es verkümmern.

Beim BAföG für Schülerinnen und Schüler kürzen Sie um 212 Millionen Euro, beim BAföG für Studierende um 443 Millionen Euro und beim Aufstiegs-BAföG schließlich um 30 Millionen Euro. Anfang dieser Wahlperiode bezogen nur elf Prozent der Studierenden BAföG. Das haben Sie damals heftig kritisiert. Sie wollten es dringend ändern mit einer grundlegenden BAföG-Reform 2022. Von der hören wir jetzt gar nichts mehr.

(Beifall bei der LINKEN)

Stattdessen lässt Herr Lindner wissen, dass die Kindergrundsicherung das letzte sozialpolitische Projekt dieser Regierung sei.

(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Unfassbar!)

Universalminister Lindner kassiert ganz nebenbei Teile Ihrer Koalitionsvereinbarung, und ich frage mich:
Wo bleibt der wahrnehmbare Protest von SPD und Bündnisgrünen?

(Beifall bei der LINKEN)

Die Pandemie hat Lehrende, Schülerinnen und Schüler sowie Studierende schwer belastet, wir wissen es alle. Zugleich wird in diesem Land permanent über Fachkräftemangel geklagt. Gebraucht wird endlich eine Trendwende. Gebraucht wird ein BAföG, das Lernen jenseits von Existenzängsten ermöglicht.

(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: So ist es!)

Meine Damen und Herren, ich muss auch dies ansprechen: Ebenso unfassbar sind die Kürzungen in Lebenswissenschaften und in der Gesundheitsforschung um rund 52 Millionen Euro – Ich finde sie sogar empörend.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Warum? Weil damit die Hoffnungen Millionen Erkrankter übergangen werden.

(Stephan Albani [CDU/CSU]: Richtig! Sehr richtig!)

Es gab zu Recht vor diesem Hause viermal große Proteste von ME/CFS- bzw. Long-Covid-Erkrankten, weil Grundlagen- und Versorgungsforschung deutlich gestärkt werden müssen. Da stehen wir in der Pflicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Lauterbach kündigte im April 100 Millionen Euro für Forschung zu Long Covid an. Er stellt dafür nun
40 Millionen Euro zur Verfügung – immer noch viel zu wenig. Es handelt sich hier im Wesentlichen um Versorgungsforschung.

(Stephan Albani [CDU/CSU]: Ja!)

Aber an Covid müssen wir dranbleiben.

(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Ja!)

Insbesondere zu Ursachen und an Grundlagen muss weiter geforscht werden.

(Nina Warken [CDU/CSU]: Ganz genau!)

Hier ist der Haushalt von Frau Stark-Watzinger schlicht und ergreifend eine bittere Enttäuschung für unzählige Erkrankte, die auf Grundlagenforschung für Therapie und Heilung gehofft hatten.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Und kommen Sie uns jetzt bitte nicht mit der Ausrede: Es ist jetzt kein Geld mehr da. – Jeder fünfte Euro dieses Haushalts geht in Militärausgaben, für den gewaltigsten Rüstungshaushalt der Nachkriegszeit. Wir bleiben deshalb bei unserer Forderung: Schaffen Sie auch für Bildung und Chancengerechtigkeit ein Sondervermögen!

(Beifall bei der LINKEN)

Auch die Parteivorsitzende der SPD hat das gefordert. Ich sage als Letztes: Am 23. September wird es in diesem Land Bildungsproteste geben, und ich rufe alle auf, sich daran zu beteiligen. Für Bildung muss in diesem Land mehr drin sein.
(Beifall bei der LINKEN)