Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Wir debattieren heute mal wieder einen Unionsantrag zum Bürokratieabbau – ich weiß jetzt, ehrlich gesagt, nicht, der wievielte das ist – und wir haben – es wurde schon gesagt – dazu bereits Gesetze beschlossen. Aber – das sage ich als Wissenschaftspolitikerin – für Wissenschaft oder beispielsweise für forschende mittelständische Unternehmen hat sich relativ wenig getan.
Anfang des Jahres hat der Wissenschaftsrat kritisiert, wie viele Ressourcen bei Projektanträgen verschlissen werden. Die Forschung der Hochschulen wird mittlerweile mehrheitlich aus Projektmitteln finanziert. Diese haben meist kurze Laufzeiten. Und danach? Dann geht der ganze Zirkus wieder los. Es ist ein Elend.
Das Forschungsministerium verweist auf 110.000 Projekte, die bisher gefördert wurden. Aber nur jeder vierte Antrag wird bewilligt – das macht fast eine halbe Million Projekte, die in den letzten Jahren konzipiert und eingereicht wurden, und heißt nichts anderes, als dass 330.000 im Papierkorb gelandet sind. Das ist völlig absurd.
(Beifall bei der LINKEN)
Meine Damen und Herren, das hier
(Die Rednerin rollt ein langes Schriftstück aus)
ist die Ausschreibung zur – ich zitiere – „Förderung von Projekten zur Skalierung und Akzeptanzsteigerung von intersektoralen Treuhandmodellen in der Praxis“, Bundesanzeiger, 13. Oktober 2023.
Ich veröffentliche Regierungspapiere, ich nehme die Girlanden nachher wieder mit. Und das hier, meine Damen und Herren,
(Die Rednerin rollt ein weiteres Schriftstück aus)
sind nur die Fragen.
Vizepräsidentin Petra Pau:
Ja, ansonsten taucht das ja auch nicht im Stenografischen Bericht auf, weil die Stenografen das einfach nicht aufnehmen können.
Dr. Petra Sitte:
Schade, Frau Präsidentin.
Also das jedenfalls sind nur die Fragen zum Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand. Jetzt stellen Sie sich mal den ganzen Papierberg aus 440.000 Vorgängen vor!
Größere Unternehmen oder Universitäten sowie Wissenschaftseinrichtungen haben sich für diese Anträge eigene Referate oder Abteilungen geschaffen. Daneben gibt es eine ganze Beraterbranche für derartige Antragstellungen. Kleine und innovative Mittelständler, kleinere Hochschulen müssen das aus eigenen Bordmitteln bestreiten. Also müssen die Forschenden unbezahlte Überstunden stemmen. Wir wollen mehr Forschungs- statt Antragsarbeit.
(Beifall bei der LINKEN)
Da nun Ministerien den Bearbeitungsaufwand weder leisten können – logisch – noch wollen, ist es durchaus konsequent, dass sie sich sogenannte Projektträger geschaffen haben: beim Bundesministerium für Bildung und Forschung sind das 17. Diese leisten aber keine Forschung, sondern das sind nur Projektverwalter. Meine Damen und Herren, diese Projektitis ist enorme Geld- und Zeitverschwendung. Wir wollen das nicht.
(Beifall bei der LINKEN)
Es gibt im Land Hochschulen, deren Gesamthaushalt bereits jetzt zu über 50 Prozent aus Projektförderungen gespeist wird. Weil diese befristet sind – ich habe es vorhin schon angedeutet – erschweren sie die langfristige Beschäftigung und schaffen Unsicherheit. Da wäre es doch allemal schlauer, den Hochschulen eine hinreichende Grundfinanzierung zu sichern. Damit können die Hochschulen über ihre Profilbildung wissenschaftsgeleitet entscheiden. Die Projektmittel könnten diese Entscheidung dann schließlich auch verstärken.
(Beifall bei der LINKEN)
Das käme zugleich Lehrenden und Lernenden zugute. Statt prekärer gäbe es verlässlichere Beschäftigungs-, Forschungs- und Studienbedingungen. Förderpolitik muss neu gedacht werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Dennoch gibt der Antrag Gelegenheit – ich komme zum Schluss – über grundlegende Vereinfachungen nachzudenken. Dann klappt es auch besser mit den Innovationen. Und glauben Sie mir: Sie können sehr viele Menschen sehr glücklich machen.
Ich danke.
(Beifall bei der LINKEN)
So, jetzt packe ich das hier ein.