Rückgang der Artenvielfalt durch Überfischung, Verschmutzung und Erwärmung der Meere

TOP 42)  Meeresforschung stärken – Potentiale ausschöpfen und Innovationen fördern > Drucksachen 17/9745, 17/13699 <

– Rede zu Protokoll –

Der Wissenschaftliche Beirat für Globale Umweltveränderungen (WBGU) der Bundesregierung hat am gestrigen Tag sein neues Gutachten zur Zukunft der Meere übergeben und darin vorgeschlagen, dass alle Meereszonen mit Ausnahme der Küstenmeere zum gemeinsamen Erbe der Menschheit erklärt werden sollten. Damit würden die Meere einerseits zu einem schützenswerten Gut erklärt, aber zugleich auch in einer Art Allmende überführt. Die Erhaltung der Meere sollte, so der Beirat, ein Leitprojekt einer „großen Transformation“ zu einer sozial und ökologisch nachhaltigen Gesellschaft sein. Wir finden diesen Vorschlag richtig und freuen uns, dass auch die Bundesregierung ihn unterstützt.

Die Meere sind ein zuverlässiger Indikator für Klima- und Umweltprobleme. So thematisiert der WBGU die steigenden Meeresspiegel, die Erwärmung, aber auch die Überfischung und Vermüllung maritimer Gebiete. Nicht zuletzt droht den Meeren die Ausbeutung der im Meeresboden versteckten Bodenschätze, die im Fall einer Havarie mit katastrophalen Folgen für die Umwelt verbunden sein kann.

Forschung und Innovation können zur Lösung, wie zur Verschärfung dieser Prozesse beitragen. Wir brauchen Wissen, um die Zusammenhänge und Prozesse etwa des Klimawandels im komplexen maritimen Ökosystem zu verstehen. Zugleich können Großtechnologien wie Tiefseebohrungen, aber auch Geo-Engineering dieses Ökosystem auch zerstören. Das Experiment LOHAFEX zur Eisendüngung im Südatlantik haben wir hier in Erinnerung. Es hat eine breite und gewinnbringende Debatte über Wissenschaftsfreiheit und Biodiversität, über die Bedeutung der Meeresforschung, aber auch die Grenzen der Anwendbarkeit von Zukunftsvisionen hervorgerufen.

Die SPD springt hier für die Meeresforschung in die Bresche, obwohl sie dieser eigentlich einen sehr guten Stand attestiert. Die maritime Forschung scheint aus Sicht der Kolleginnen und Kollegen eher so etwas wie einen neuen Schub und in begrenztem Maß mehr Geld zu benötigen. Die Forschungsbedarfe, die im Antrag aufgezählt werden, stehen jedoch nur wenig im Zusammenhang mit den finanziellen und strukturellen Forderungen an die Bundesregierung.

Diese Zwiespältigkeit haben wir auch bei den Forderungen zur maritimen Biotechnologie beobachtet: erst rät die SPD im Feststellungsteil den Firmen, statt auf transgene Pflanzen und Tiere auf weniger umstrittene Züchtungsmethoden zu setzen. Dann fordert sie aber ein deutlich stärkeres Engagement in der Biotechnologie für die „internationale Sichtbarkeit.“ Offenbar ist man noch unentschieden, ob man die Meere jetzt eher schützen oder durch Innovationen noch besser wirtschaftlich nutzen will.

Zwei Aspekte vernachlässigt der Antrag aus unserer Sicht: dem Schutz der Meere vor Umweltverschmutzung und Vermüllung wird nur eine sehr untergeordnete Bedeutung beigemessen. Er taucht zwar als Forschungsthema auf, aber es fehlt an Vorschlägen für ganz praktische Konsequenzen und Vorhaben. Angesichts der Müllstrudel oder der Umweltkatastrophen etwa bei Tiefseebohrungen nach Öl ist es unverständlich, wie hier eine weitere Exploration von Rohstoffen oder die industrielle Nutzung so unkritisch gefordert werden kann.

Auch die Biodiversität kommt zu kurz: zwar soll die Taxonomie als Forschungsgebiet gefördert werden. Die Erfassung des Artenschwunds ist aber noch kein Konzept dagegen. Die Überfischung der Meere, aber auch ihre Verschmutzung und Erwärmung tragen zum dramatischen Rückgang der Artenvielfalt bei. An dieser Stelle sollten praktische Innovationsallianzen – etwa mit Umweltschutzverbänden ansetzen.