Patentierung von Computerprogrammen

TOP 17)  Antrag „Wettbewerb und Innovationsdynamik im Softwarebereich sichern – Patentierung von Computerprogrammen effektiv begrenzen“ Drs. 17/13086

-Rede zu Protokoll-

Sehr geehrte Damen und Herren,

nicht für alle politischen Probleme haben wir die komfortable Situation, die Auswirkungen der Alternative beim Blick über einen Ozean direkt vor Augen zu haben. Bei Softwarepatenten ist es so. Die Absurditäten von Patentstreitigkeiten vor us-amerikanischen Gerichten kann jeder tagtäglich in der Zeitung nachverfolgen. Ob sich nun Google mit Microsoft oder mit Apple vor Gericht trifft, ob kleinere Konkurrenten ausgeschaltet werden, ob Unternehmen andere Unternehmen nur wegen deren Patentportfolios als Schutzwall gegen Klagen kaufen.

Aber auch im Alltag vieler Menschen schlagen sich die Auswirkungen dieses Patentsystems nieder. Wer heute etwa ein Smartphone mit dem Betriebssystem eines bestimmten Anbieters kauft, bezahlt die Betriebssysteme anderer Anbieter auf Grund gerichtlicher Vergleiche und Entscheidungen in relevanter Höhe mit.

Softwarepatente dienen in der Regel nicht der Vorfinanzierung neuer Innovationen, sondern der Sicherstellung der eigenen Marktposition. Sie sollen verhindern, dass andere Entwickler überhaupt in die Nutzung und Weiterentwicklung bestimmter Anwendungen eintreten können. Diese Funktion befördert Innovationen nicht, sondern blockiert diese eher. Besonders die Konzepte freier und offener Software werden durch Patente behindert. Für Kreative, die Software entwickeln und bauen, und für ihre Auftrag- und Arbeitgeber würde eine solche Situation eine starke Rechtsunsicherheit bedeuten. Kaum ein Entwickler kann bei der Entwicklung komplexer Softwareanwendungen realistischerweise einschätzen, wann er ein Patent im Softwarebereich verletzt. Die Patentrecherche ist aufwändig und sehr teuer und führt trotzdem nur selten zum Ziel. Denn diese Frage entscheiden zum Schluss zumeist Gerichte, die ihrerseits nicht immer ausreichend technisch kompetent sind um triviale von relevanten Patenten zu unterscheiden. Dazu kommt eine expansive Eigendynamik des Patentwesens, das sich in der Regel aus den Gebühren selbst finanziert.

Dieses absurde System der Abschottung vernichtet Milliardenwerte, etwa wenn Firmen nur noch so genanntes „Geistiges Eigentum“ besitzen und als Geschäftsmodell Innovatoren auf eine unberechtigte Nutzung verklagen. Eine Studie der Universität Boston geht von einem volkswirtschaftlichen Schaden durch diese so genannten Patenttrolle im Softwaresektor von 20 Milliarden Dollar jährlich aus. Aber auch die ganz normalen Auseinandersetzungen zwischen IT-Firmen schaden der volkswirtschaftlichen Weiterentwicklung.

Weil Softwarepatente Innovationsbremsen sein können, soll der uns hier vorliegende Antrag von vier Fraktionen die bisherige Ablehnung dieser Patente auf europäischer Ebene bestätigen und vor allem präzisieren. Das Problem: das bisherige grundsätzliche Verbot ist derart weich formuliert, dass das Europäische Patentamt trotzdem bisher mehrere zehntausend Patente im Softwarebereich erteilt hat. So dürfen Patente, die Softwareentwicklungen eine „technische Verbindung“ nachweisen, nach dem geltenden deutschen und europäischen Recht erteilt werden. Diese Technizität ist in der Rechtsprechung immer wieder weit ausgelegt worden. Die vorliegende Initiative will diese Erweiterung der Patentierbarkeit von Software nun wieder einhegen und den Begriff „Technik“ klarer definieren. Das wäre sicher ein erster Schritt, wenn er denn gelänge. Wir fragen aber auch: was spricht eigentlich gegen ein umfassenderes Verbot von Softwarepatenten?  Die Probleme etwa für die Entwickler von softwaregestützte Steuerungsmodule von Geräten und Maschinen dürften gering sein, da diese Software ohnehin eng mit der Hardware verbunden ist. Wir kämen jedoch durch ein echtes Verbot um die bereits erwähnte Eigendynamik des Patentwesens herum, die jede Regulierung zu erweitern und zu umgehen sucht. Dies würde innovative Dynamik freisetzen, die derzeit in Tricks zur kreativen Auslegung des Patentrechts investiert wird.

Was im Antrag zudem fehlt, ist ein Verweis auf die angemessene Vergütung der Kreativen. Die Regelung von Software im Urheberrecht sollte nicht nur der Abschottung gegen Ansprüche dienen, sondern auch Verpflichtung zu einer guten Bezahlung der oft freiberuflich Tätigen in der Softwarebranche sein. Hier könnten sich zumindest die einen Mindestlohn fordernden Unterzeichnerinnen des Antrags noch stärker engagieren.

Ein zweiter fehlender Punkt wäre eine präzisere Beschreibung der Zweckbindung bei Überlassung von Nutzungsrechten. Es ist das gute Recht der Urheberinnen und Urheber, selbst über die weitere Nutzung ihrer Arbeitsergebnisse zu entscheiden.

Trotzdem ist diese gemeinsame Initiative ein guter Schritt in die richtige Richtung, der nur ohne unsere Unterschrift hier eingebracht wird, weil Union und FDP sich selbst bei Zukunftsthemen nicht von den Reflexen des Kalten Krieges lösen können.