Digitale Agenda der Bundesregierung ohne Plan für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Medien

 

TOP 4 a) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Digitale Agenda 2014 bis 2017 (PDF-Link)

b) Beratung des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Den digitalen Wandel politisch gestalten – Handlungsempfehlungen der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ umsetzen (PDF-Link)

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Die Kritik und die Vorschläge der Opposition sind von der Koalition hier so ein bisschen unter der Rubrik „Nörgeln und Meckern“ zusammengefasst worden. Aber ein bisschen gemeckert hat auch Herr Klingbeil. Er hat gesagt: In dieser Digitalen Agenda kommen Bildung, Wissenschaft, Kultur und Medien zu kurz.

(Sören Bartol (SPD): So hat er das absolut nicht gesagt! Das ist eine interessante Interpretation!)

Das finde ich auch. Deshalb will ich mich auf diesen Bereich konzentrieren.
Ich will darauf hinweisen, dass wir hier gerade erst in der letzten Sitzungswoche darüber gesprochen haben, wie und nach welchen Regeln es an Unis auch zukünftig möglich sein soll, sogenannte digitale Semesterapparate zusammenzustellen. Für jene, die das nicht genau kennen: Ein Semesterapparat ist eine digitale Zusammenstellung von Vorlesungsunterlagen und Seminarunterlagen. Das ist für die Studis extrem praktisch.

Geregelt wird dies in § 52 a des Urheberrechtsgesetzes. Dieser ist ausgesprochen eng gefasst. Wenn Gerichte dazu Recht sprechen, legen sie ihn sogar noch enger aus. Infolgedessen ist diese Regelung im Alltag der Unis nur sehr schwer zu handhaben. Aber – immerhin! – ist es nach mehreren Verlängerungen der Frist in der letzten Woche endlich gelungen, die Regelung zu entfristen.

Aber eigentlich – das hatten wir schon vorhin angesprochen – geht die Digitale Agenda trotzdem noch weiter, auch wenn es unbefriedigend ist, wie Herr Klingbeil sagt. Sie sagen darin, dass Sie die Bildungs- und Wissenschaftsschranke ins Urheberrecht einführen wollen.

(Tankred Schipanski (CDU/CSU): Sehr richtig!)

Unis, Schulen etc. sollen sozusagen auch die Vorteile der Digitalisierung genießen können, und sie sollen dabei gerade nicht am Urheberrecht scheitern.

Hierfür gibt es schon seit langem konkrete Regelungsvorschläge; das hätten Sie auch aufnehmen können. Der Witz ist nicht nur, dass es die schon lange gibt; das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat sogar selbst die Ausarbeitung eines Regelungsvorschlags in Auftrag gegeben. Der liegt jetzt auch vor, findet sich aber in der Digitalen Agenda nicht wieder. Das Problem ist – wir kennen es schon -: Die Netzpolitiker und die Urheberrechtspäpste der Koalition können sich vermutlich nicht einigen, und wir dürfen jetzt erst einmal neugierig darauf warten, was denn am Ende dabei herauskommt.

(Beifall des Abg. Herbert Behrens (DIE LINKE))

Wie wäre es denn beispielsweise, wenn es Ihnen endlich gelänge, das Zweitveröffentlichungsrecht für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unabdingbar und durchsetzungsstark zu gestalten?

(Beifall bei der LINKEN)

Oder sorgen Sie doch endlich dafür, dass Forschungsergebnisse, die überwiegend mit Bundesmitteln, also mit öffentlichen Geldern, mit Steuergeldern, finanziert werden, als Open-Access-Publikation erscheinen müssen!

(Beifall bei der LINKEN)

Darüber hinaus kündigen Sie an, dass Sie die Deutsche Digitale Bibliothek ausbauen wollen. Super! Aber im Haushalt 2015 sind dafür nur 1,3 Millionen Euro vorgesehen. Die sind einfach notwendig, weil Sie sich vertraglich gebunden haben, und sie dienen auch nur der technischen Ausstattung.

Das heißt: Der Stau, der sich darin manifestiert, ist symptomatisch für diese Digitalpolitik. Deutschland hinkt bei der digitalen Archivierung und der Zugänglichkeit von Kulturgütern im Vergleich zu anderen Ländern um Jahre hinterher – sogar im Vergleich zu privatwirtschaftlichen Initiativen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wabert nun schon ziemlich viel Lyrik durch Ihre Digitale Agenda, so ist eigentlich noch bezeichnender, Herr Dörmann, was fehlt. Darüber haben wir hier schon mehrfach geredet. Wie sich die überaus prekäre ökonomische Lage der meisten Kultur- und Medienschaffenden verbessern soll, sucht man in dem Papier vergebens. Das ist insofern empörend, als wir mittlerweile zwei Enquete-Kommissionen im Bundestag hatten, die sich umfangreich mit dieser Lage beschäftigt und umfangreiche Vorschläge gemacht haben.

(Martin Dörmann (SPD): Das diskutieren wir deshalb an vielen anderen Stellen sehr intensiv!)

– Okay, aber dann wenn Sie an vielen anderen Stellen darüber diskutieren wollen gehört das auf jeden Fall in Ihre Digitale Agenda.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben dazu das will ich abschließend sagen Folgendes konkret vorgeschlagen: Wir brauchen ein durchsetzungsstarkes Urhebervertragsrecht für die Medienschaffenden bzw. die Kreativen. Wir brauchen in diesem Bereich endlich Mindesthonorare. Wir brauchen den Erhalt und den Ausbau der Künstlersozialkasse. Schließlich brauchen wir auch eine Reform der Verwertungsgesellschaften wie VG Wort oder GEMA, damit auch einkommensschwächere oder umsatzschwächere Kreative Einfluss und Stimme bekommen. Da, meine Damen und Herren von der Koalition, müssen Sie noch gewaltig nacharbeiten.

(Beifall bei der LINKEN)