In Berlin – und (H)alle dabei [12]

Die Kolumne von Petra Sitte zum Zusammenhang von politischer Arbeit im Bundestag und den Entwicklungen im Wahlkreis.

In der 12. Ausgabe geht es um: Kultur im Zeichen der Landtagswahl

Im Sommer 2013 gingen die Menschen in Sachsen-Anhalt auf die Straßen, die Kulturinsel in Halle wurde besetzt und eine Menschenkette um sie herum gebildet. Der Intendant des Neuen Theaters Matthias Brenner richtete ein Streikbüro ein und rief die „freie Kulturrepublik“ aus. Das Aktions­bündnis 5 vor 12 wurde gegründet und Tausende Bürger/-innen beteiligten sich solidarisch an den vielfältigen Protestaktionen.

Die Ursachen waren die Kürzungspläne der Landesregierung. Sie wollte eine sogenannte Umstruk­turierung der Theaterlandschaft in Sachsen-Anhalt. Unter ‚Umstrukturierung‘ waren gemeint: Zu­sammenlegungen und Schließungen von Kultureinrichtungen, Kürzung der finanziellen Mittel vom Land, Schrumpfung des Personals, der Orchester und Ensembles. Speziell für Halle hieß das im Klartext, dass die Theater, Oper und Orchester GmbH statt zwölf nur noch neun Millionen Euro Fördergelder pro Jahr bekommen – genauso viel wie Magdeburg. Darüber hinaus sollen bis 2019 die Mitarbeiter/-innenzahlen von 532 auf 419 eingestampft werden.

Nun stehen am 13. März die Landtagswahlen an und die Kulturschaffenden stellen zu recht große Erwartungen an die neue Landesregierung. Denn es ist klar: So wie bisher darf es nicht weiter ge­hen. Es sind mehr Landesmittel für die Kultur nötig. Wenn wir leistungsfähige und qualitativ hoch­wertige kulturelle und künstlerische Arbeit wollen, dann ist die bisherige Sparpolitik des Landes der falsche Weg. Wenn Umstrukturierungen tatsächlich notwendig sind, dann sollte zunächst ein Dialog und eine kritische Auseinandersetzung zur aktuellen Situation gemeinsam mit den Kulturschaffen­den stattfinden. Über Köpfe hinweg zu entscheiden ist kein diplomatischer Ansatz. Die bestehenden Theaterverträge müssen nachverhandelt, Standorte und Sparten gesichert werden. Für künstleri­sches Personal bedarf es einer tarifgerechten Entlohnung und Honoraruntergrenzen. Haustarife sind auf Dauer keine Lösung. Die Kunst- und Kulturschaffenden müssen in die Entwicklung der Thea­terlandschaft mit einbezogen werden. Das kann zum Beispiel über eine ständige Intendant/-innen­konferenz geschehen.

Eine Möglichkeit zur Sicherung der Aufgaben der Landeskulturpolitik ist ein Kulturfördergesetz. Um der Überforderung der Kommunen entgegenzuwirken, sollen Kulturregionen gebildet werden. Die den Kulturregionen zugeteilten Landkreise und kreisfreien Städte beteiligen sich dann solida­risch an der Finanzierung von Kultureinrichtungen und -projekten. So entsteht ein demokratischer Aushandlungs- und Entscheidungsprozess für förderungswürdige Projekte und Einrichtungen. Wei­tere Finanzierungsmöglichkeiten, zum Beispiel über eine Übernachtungssteuer im Tourismusbereich, müssen geprüft werden.

Kultur ist auch Bildung. Umso wichtiger ist es daher, die Kooperationen zwischen Bildungseinrich­tungen (Schulen, Kitas etc.) und den Kultur- und Medienstätten auch im außerschulischen Bereich zu erhalten zu befördern; zum Beispiel in Form von Leseaktionen in Kooperationen mit Bibliothe­ken oder in Form von Musikunterricht in Zusammenarbeit mit Musikschulen. Die Fächer Kunst und Musik müssen gesichert werden und Musikschulen mit mehr Landesmitteln unterstützt werden, da­mit die Qualitätsstandards gehalten und Wartezeiten verkürzt werden.

Die Kulturszene Sachsen-Anhalts besteht auch aus den kleinen Bühnen und einer freien Kunstsze­ne. Sie finanzieren sich hauptsächlich über Projektförderungen. Damit die Förderrichtlinien keine Hemmnisse beinhalten, muss der regelmäßige Austausch mit den Dachverbänden der jeweiligen Kunst- und Kultursparten gesucht werden. Die Projektbezuschussung muss außerdem gut ausdiffe­renziert sein (Nachwuchsförderung, Basisförderung, Kleinkunstprojektförderung etc.). Nicht die Verwaltungen sollen entscheiden, welches Projekt förderfähig ist. Dazu braucht es externe Sachver­ständige, die mit einem kunstverständigen Blick die künstlerische Qualität bewerten.

Damit weiterhin von der vielfältigen Kunst und Kultur in Sachsen-Anhalt profitiert werden kann, muss auch der künstlerische Nachwuchs gefördert werden. Neben Stipendienprogrammen für Nach­wuchskünstler/-innen, müssen Feste und Wettbewerbe wie die Händelfestspiele und Jugend musi­ziert unterstützt werden. Solche Ereignisse locken Tourist/-innen ins Land und bieten auch jungen

Künstler/-innen eine Plattform um sich zu präsentieren. Sachsen-Anhalt muss sein Image als ‚Land der Frühaufsteher‘ verlieren und zu einem Kulturland werden.

Am 27. März ist der Welttag des Theaters. Und gerade jetzt, wo Schutz suchende Menschen zu uns kommen und integriert werden müssen, ist es wichtig, in Bildung und Kultur zu investieren. Sozio­kulturelle Einrichtungen und Kulturstätten entwickeln kreative Möglichkeiten und Aktionen, um Geflüchteten zu helfen und Vorurteile und Ängste abzubauen. Mit Hilfe von ehrenamtlichen Helfer/-innen stellen sie Begegnungszentren, wie den Welcome-Treff in der ehemaligen Theatrale in Halle auf die Beine, inszenieren Theaterstücke mit Geflüchteten oder organisieren eine Küche für alle. Die Kulturszene Sachsen-Anhalts ist überall und vielfältig und benötigt Unterstützung, statt Spardiktate.