TOP 7. a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Telemediengesetzes, Drucksache 18/6745 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (9. Ausschuss) Drucksache 18/8645
b) Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), weiteren Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie den Abgeordneten Halina Wawzyniak, Herbert Behrens, Dr. Petra Sitte, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Telemediengesetzes – Störerhaftung Drucksache 18/3047, Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (9. Ausschuss) Drucksache 18/3861
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Auch ich hatte die Hoffnung, dass wir uns heute zum letzten Mal mit dem Problem der Störerhaftung bei offenen WLANs beschäftigen.
(Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Schön wäre es!)
Was Sie heute vorschlagen, geht zum Teil in die richtige Richtung. Aber den entscheidenden Knoten, von dem Sie gerade selbst gesprochen haben, lösen Sie leider nicht.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Ja, es gibt Verbesserungen gegenüber dem, was ursprünglich geplant war. Zum Glück verzichten Sie beispielsweise auf irgendwelche Pflichten für WLAN-Anbieter wie nutzlose Vorschaltseiten. Vernünftigerweise verzichten Sie auch darauf, die Haftungsprivilegien für Host-Provider zu schleifen. Die heftige Kritik, die an den ursprünglichen Plänen geäußert wurde, scheint also – zumindest teilweise – angekommen zu sein. Aber Ihr Vorschlag – da muss ich Ihnen widersprechen – ändert de facto nichts am heutigen Problem der Störerhaftung.
(Tankred Schipanski (CDU/CSU): Was?)
Der entscheidende Knackpunkt ist nämlich der sogenannte Unterlassungsanspruch.
(Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So ist das!)
Bisher können Rechteinhaber bzw. deren Anwaltskanzleien vom Rechteverletzer eine Erklärung verlangen, dass eine angeblich getätigte rechtswidrige Handlung künftig ausbleibt. Bei Zuwiderhandlung wird dann nicht selten eine saftige Geldstrafe fällig.
(Christian Flisek (SPD): „Vertragsstrafe“ heißt das!)
Nach derzeitiger Rechtsprechung können solche Ansprüche auch gegen WLAN-Anbieter erhoben werden. Es kann also von einer WLAN-Anbieterin verlangt werden, eine mögliche rechtswidrige Handlung eines WLAN-Nutzers zu unterbinden. Dies ist insbesondere für private WLAN-Anbieter, wie wir alle wissen, kaum zu kontrollieren. Die Experten raten deshalb, die Haftungsfreistellung von WLAN-Betreibern explizit auf die Unterlassungsansprüche auszuweiten.
(Marcus Held (SPD): Was? Das stimmt doch alles gar nicht!)
Im ursprünglichen Gesetzentwurf der Bundesregierung war das auch noch vorgesehen. An genau dieser Stelle haben die Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen aber gegen den Gesetzentwurf der Bundesregierung gearbeitet; Sie haben das nämlich wieder gestrichen. So werden nach Ihrem Vorschlag weiterhin WLAN-Anbieter für die Handlungen ihrer Nutzer haftbar gemacht werden.
(Tankred Schipanski (CDU/CSU): Völlig falsches Rechtsverständnis! – Marcus Held (SPD): Warum das denn?)
Sie wollen zwar klarstellen, dass die Haftungsprivilegierung nach § 8 des Telemediengesetzes grundsätzlich auch für WLAN-Anbieter gilt. Nur ist das leider auch schon nach jetzigem Recht so.
(Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So ist es!)
Dumm nur, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die Haftungsprivilegierung des § 8 Telemediengesetz gerade nicht für Unterlassungsansprüche gilt. Was wäre wirklich nötig? Wir Linken und die Bündnisgrünen haben einen Gesetzentwurf eingebracht, der umfassende Rechtssicherheit garantieren würde.
(Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wegweisend!)
Er basiert auf einem Vorschlag des Vereins Digitale Gesellschaft.
Wenn Sie meinen – so verbreiten Sie es ja auch in den sozialen Netzwerken -, dass die Erwähnung dieses Themas in der Begründung Ihres Gesetzentwurfs ausreicht, kann ich Ihnen nur entgegnen, dass der für Urheberrechtsfragen zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs immer wieder ausdrücklich erklärt hat, dass eine Erwähnung in der Begründung nicht genügt, wenn dies keinen hinreichenden Niederschlag im Gesetzestext findet.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die Linke hat einen solchen Gesetzentwurf sogar schon in der letzten Legislaturperiode eingebracht. Wir hätten also bereits seit drei Jahren Rechtssicherheit haben können – aber das nur einmal nebenbei.
Wir wollen ganz explizit die Haftungsfreistellung auch für gewerbliche und nichtgewerbliche WLAN-Anbieter festschreiben und sie insbesondere auf Ansprüche auf Unterlassung ausweiten. Dann kann kein Gericht dieses Landes mehr auf die Idee kommen, hier anders zu urteilen – und es wird weitere Rechtsstreite geben. Das ist für diejenigen, die auf die offenen WLANs warten, extrem wichtig. Auch für die Anbieter ist es extrem wichtig.
Dazu müssten Sie allerdings dem von den Grünen und uns vorgelegten Vorschlag Ihre Stimme geben. Ich hoffe, dass das bei Ihnen auch in irgendeiner Weise seinen Niederschlag findet; denn wir müssen davon ausgehen, wie ich anfangs gesagt habe, dass wir uns weiter mit diesem Thema beschäftigen werden, weil weitere Rechtsstreite folgen – was sehr schade ist, da man die Chance hatte, hier etwas zu ändern.
Besten Dank.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)