In Berlin und (H)alle dabei – Solidarisch durch das Corona-Semester

Die Hochschulen in Sachsen-Anhalt sind mittlerweile in das Sommersemester gestartet – unter be­sonderen Bedingungen. Wegen Corona können Vorlesungssäle nicht mehr mit Studis bis unter das Dach gefüllt werden. Die Lehre findet also zum großen Teil online statt, öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen wurden hingegen abgesagt; so zum Beispiel Die lange Nacht der Wissenschaft. Der Hochschulinfotag findet dieses Jahr digital statt.

Universitäre Lehre wird also in die digitale Welt verlagert. Das birgt Herausforderungen für Stu­dierende wie auch für Dozierende – angefangen bei den technischen Voraussetzungen, denn nicht jede:r verfügt über entsprechende Hard- und Software bzw. über entsprechende Qualifikationen. Dozierende müssen sich einiges einfallen lassen, um ihren Präsenzunterricht sinnvoll in eine digita­le Version zu übertragen. Das geht via E-Mails, über Videokonferenzen, Podcast oder Foren. Studie­rende müssen diese Angebote auch abrufen können, was nicht immer gegeben ist. Für alle bedeutet es aber auch mehr Arbeitsaufwand, denn um Studienleistungen zu erlangen, braucht es den Nach­weis über Anwesenheit, Mitarbeit und Prüfungsleistung. Das geht über Hausaufgaben etc. und ge­nau das führt zu einem erhöhten Arbeitsaufwand für alle. Eine ausschließlich online stattfindende Lehre kann nicht das leisten, was Präsenzunterricht kann und leider ist eine Kombination aus bei­dem nicht überall machbar. Wie überhaupt Prüfungen unter Corona-Bedingungen abgelegt werden sollen, bleibt nach wie vor zu klären. Dann kommen noch die existenziellen Probleme dazu: Studie­rende und auch Honorar-Beschäftigte an den Hochschulen verlieren ihre Jobs. Das ist eine enorme Belastung.

Mittlerweile gibt es ein breites Bündnis, das ein Solidarsemester fordert; das heißt, das das Coro­na-Semester nicht als Regelstudienzeit angerechnet werden soll. Darüber hinaus fordert das Bünd­nis die Anpassung des BaföG-Satzes, um Studierende finanziell abzusichern, die momentan keinem Job nachgehen können. Außerdem sollte unter diesen Umständen ein erleichterter Zugang zu BAföG ermöglicht, die Förderhöchstdauer angepasst und die Vergütung unabhängig von stattfin­dender oder nicht stattfindender Online-Lehre gezahlt werden. Und es braucht unbürokratische So­forthilfen, denn Studierende profitieren nicht oder kaum von jenen Programmen, die Bund und Län­der für beispielsweise selbstständig Tätige zur Verfügung stellen.

Das Bündnis hat nicht nur die Situation der Studierenden im Blick, sondern auch die des Hoch­schulpersonals, der Lehrenden und Forschenden. Es fordert daher die Anpassung des Wissen­schaftszeitvertragsgesetzes, damit die aktuellen Umstände nicht auf die Befristungsdauer angerech­net werden. Auch staatlich geförderte Drittmittelprojekte sollen verlängert und ausreichend finan­ziert werden. Mit diesen und anderen Forderungen steht das Bündnis nicht allein da. Ein offener Brief aus Forschung und Lehre fordert unter anderem auch die Verlängerung von Verträgen befristet Beschäftigter an den Unis, um Forschung und Lehre zu sichern. Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) gibt zu bedenken, dass anrechnungsfreie Jobanreize in systemrelevanten Bereichen und Bankkredite für Studierende zwar nett gemeint sind, aber einen vollen Nachteilsaus­gleich über bspw. angepasste BaföG-Sätze deswegen nicht ersetzen sollten. Kredite müssen schließ­lich eines Tages zurückgezahlt werden und spätestens dann stehen die Studierenden und Wissen­schaftler:innen vor dem nächsten existenziellen Problem. Hochschulen dabei zu unterstützen auch digital Lehre anzubieten ist wichtig. Lehrende müssen aber dabei auch unterstützt und zum Beispiel bei der Bemessung der Lehrverpflichtung entlastet werden. Online-Kurse dürften einen erhöhten Mehraufwand in der Vor- und Nachbereitung haben, als Präsenzkurse. Nicht zu vergessen: Viele Lehrende arbeiten nun im Homeoffice und gehen da auch verstärkt Care-Arbeit nach. Und ist es wirklich sinnvoll, alle Prüfungen (Staatsexamen etc.) stattfinden zu lassen? Damit ist für alle Betei­ligten ein erhöhtes Risiko verbunden, denn auch wenn die Infektionszahlen sinken, gibt es noch keinen Grund zur Entwarnung. Die GEW Sachsen-Anhalt fordert hier zurecht einen Aufschub bzw. eine Aussetzung der Prüfungstermine.

Diesen Forderungen schließen sich meine Partei und meine Fraktion an. In einer Krise wie die­ser, die uns alle vor große Herausforderungen stellt, sollten wir solidarisch sein und zum Wohle und Schutz aller keine leichtsinnigen Entscheidungen treffen, sondern stattdessen besonnen und überlegt vorgehen.