Digitaler Impfpass zur Pandemiebekämpfung?

Der Bundestag hat am Mittwoch, 3. März 2021, erstmals über einen Antrag der AfD-Fraktion gegen die Einführung einer „Corona-Impfpflicht durch die Hintertür“ (19/27197). debattiert. Nach halbstündiger Aussprache wurde die Vorlage zur federführenden Beratung an den Gesundheitsausschuss überwiesen. Die AfD hatte die Federführung beim Ausschuss Digitale Agenda beantragt, konnte sich damit gegen die Mehrheit der übrigen Fraktionen aber nicht durchsetzen.

 

 

 

Dr. Petra Sitte (DIE LINKE):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn sich die AfD hier zur Verteidigerin von Grundrechten aufschwingt, ist das ja immer eine besondere Bigotterie.

(Zurufe von der AfD)

Aber wenn sie, wie im vorliegenden Antrag, das Grundrecht auf freien Grenzübertritt verteidigen will und nun von der Bundesregierung erwartet, dass sie andere Staaten dazu bringt, ihre Grenzen zu öffnen, dann, muss ich sagen, staune selbst ich noch. Wann gab es das von Ihnen schon mal?

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Abgesehen von dem wenig ernstzunehmenden Antrag der AfD gibt es zum Thema Impfpass zu sagen: Das ist die falsche Debatte zur falschen Zeit aus den falschen Gründen.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Maik Beermann (CDU/CSU))

Man kann darüber reden, den Impfpass moderner und fälschungssicherer zu machen, und fast jeder von uns hat ja auch einen Impfpass, aber eine überstürzte europäische Geburt ist jetzt ganz sicher nicht der richtige Weg, schon gar nicht, wenn neue zentrale Datenbanken für sensible Gesundheitsdaten geschaffen werden sollen, statt sie bestmöglich zu schützen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Der Nutzen einer solchen Infrastruktur ist doch erfahrungsgemäß höchst fraglich. Vor allem werden Anreize geschaffen, diese zu missbrauchen.

(Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE): Genau!)

Auch dafür gibt es genügend Beispiele.

Anstatt sich in solch fragwürdige Projekte zu stürzen, müssen jetzt doch alle, aber auch wirklich alle Anstrengungen unternommen werden, um allen Menschen schnellstmöglich eine Impfung anbieten zu können.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Heike Baehrens (SPD))

Nur die Aussicht, dass dies längere Zeit nicht möglich sein wird, ist es doch am Ende, die schließlich die Diskussionen über eine mögliche Bevorzugung von Geimpften antreibt; das ist der Hintergrund.

Durch die Pandemie – das war die Übereinkunft hier im Hause – kommen wir nur gemeinsam, meine Damen und Herren. Wer seine Grundrechte als Geimpfter wahrnehmen will, der muss davon ausgehen, dass ihm diese Grundrechte Leute garantieren, die eben nicht geimpft sind, und das muss man hier auch mal deutlich aussprechen.

(Beifall bei der LINKEN)

Natürlich gilt dieser Anspruch auch global. Trotz aller Pannen rechne ich damit, dass wir in Deutschland in diesem Jahr noch genügend Impfstoffdosen erhalten können. Aber in vielen anderen Ländern gibt es diese Perspektive nicht, und wenn es diese Impfmöglichkeit nicht gibt, dann hilft ein Impfpass – digital oder analog – überhaupt nicht. Es kann also nicht sein, dass die Profitlogik von Unternehmen, die wir hier immer wieder feststellen mussten, dem Ziel entgegensteht, weltweit Impfstoff anbieten zu können, erst recht – das will ich auch noch mal deutlich sagen, weil das wirklich eine Debatte ist, die wir auch auf anderen Gebieten führen müssen -, wenn das Geld für die Impfstoffentwicklung schon vorher zu einem großen Teil von der öffentlichen Hand stammte. Wir müssen Patente und anderes Know-how freigeben, um so schnell wie möglich eben genau diese globale Produktion zu ermöglichen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein digitaler Impfpass dagegen trägt zu diesem Zeitpunkt originär überhaupt nichts zur Pandemiebekämpfung bei. Konzentrieren wir uns also vielmehr darauf, Corona zu überwinden – gemeinsam und solidarisch!

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)